Zwei im selben Bergwerk

Werbung
Werbung
Werbung

Wir waren 14, eine bunte Truppe. Der Bundespräsident hatte zum Gespräch geladen: Es ging um das Islamgesetz, die Zukunft des "König Abdullah-Zentrums, die PE-GIDA usw. usw.

"Wir", das war die "Plattform Christen und Muslime". In unserem Handgepäck waren allerlei Sorgen über das bedrohte Miteinander und den wachsenden "religiösen Analphabetismus" im Land, aber auch Vorschläge für mehr sozialen Zusammenhalt. Zudem die Überzeugung, dass Hunderttausende in Österreich lebende Muslime "nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung" sein können.

Heinz Fischer hörte aufmerksam zu, schrieb mit, lobte -und erzählte von der so schwierigen Kunst der Politik, die Ängste der Mitbürger ernst zu nehmen, ohne dabei das interreligiöse Miteinander preiszugeben.

So unverzichtbar die Meinungsfreiheit sei, sagte er, so wenig dürfe sie grenzenlos sein. Denn: "Mit dem, was Anderen heilig ist, darf man nicht verantwortungslos umgehen!" Wir Christen und Muslime rund um den Tisch fühlten uns verstanden.

Vielleicht war es gerade die aktuelle Brisanz dieser Gesprächsthemen - da saß jedenfalls Einer vor uns, der deutlich spüren ließ, wie querfeldein Gemeinsames und Trennendes selbst in den obersten Etagen der Politik laufen kann. Und wie wichtig dieses stille Mühen um einen Ausgleich ist, das dem Mann in der Hofburg in solchen Momenten zukommt.

Mehr als einmal verwies der Bundespräsident auf seine laufenden Kontakte mit den Religionsgemeinschaften, allen voran mit dem Wiener Kardinal. Nichts Selbstverständliches, habe ich mir gedacht, vor allem im Blick auf die Verfassungs-Schranken zwischen dem Staat und den Kirchen, aber auch angesichts der so differenten persönlichen Zugänge zu Fragen der Religion.

Bewährungsfelder des Gemeinwohls

Dem Staat sind ja ganz andere Bewährungsfelder des "Gemeinwohls" übertragen als den Religionen. Und jede Glaubensgemeinschaft, die ihren Auftrag ernst nimmt, muss sich auch an staatlichen Entscheidungen reiben können.

Umso mehr ist mir in dieser Stunde das Glück bewusst geworden, in einem Land leben zu dürfen, in dem beide Seiten - aus Verantwortung, nicht (mehr) aus Machthaberei - das vertrauensvolle Gespräch und die Verständigung suchen und finden. Ich bin sicher, dass auch darauf der - trotz aller Defizite - vergleichsweise hohe Grundwasserspiegel an sozialer Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit in unserem Land beruht.

Das Wort von der "Trennung von Kirche und Staat" habe ich übrigens - im Wissen, wie explosiv jede allzu große Nähe, gar Vermischung von Religion und Politik sein kann -nie für eine präzise Beschreibung der gelebten Wirklichkeit empfunden.

Hier sind zwei Institutionen, die bei aller Aufgabenteilung letztlich "im selben Bergwerk arbeiten": An denselben Menschen. Nicht um sie zu beherrschen, sondern um ihnen - jeder in seiner Zuständigkeit - unterwegs zum "inneren Frieden" beizustehen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung