Zwischen Pfingstkirchen und Scharia

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Das subsaharische Afrika gilt seit Jahrzehnten als die größte Wachstumsregion sowohl des Christentums als auch des Islam. In der Tat hat sich die religiöse Landschaft in dieser Region seit Beginn des 20. Jahrhunderts massiv verändert. Während laut Zahlen der World Religion Database 1900 noch 76 Prozent der Bevölkerung den traditionellen afrikanischen Religionen zugerechnet wurden, haben seither die Weltreligionen Christentum und Islam Oberhand gewonnen. 2010 gehören demnach nur noch 13 Prozent den sogenannten Naturreligionen an. Im gleichen Zeitraum hat das Christentum seinen Bevölkerungsanteil im subsaharischen Afrika von neun auf 57 Prozent gesteigert, während der islamische von 14 auf 29 Prozent angewachsen ist. Wenn man sich die Trends allerdings genauer ansieht, zeigt sich deutlich, dass vor allem die Zuwächse bei den Christen seit der Jahrtausendwende stagnieren. Weitere Ausbreitung passiert demnach auf beiden Seiten hauptsächlich durch das natürliche Bevölkerungswachstum. Veröffentlicht wurden diese Zahlen am 15. April in der Studie „Islam and Christianity in Sub-Saharan Africa“ des Pew Research Institute aus Washington. In 19 Ländern wurden 25.000 Face-to-Face-Interviews durchgeführt, in denen die verschiedensten Aspekte des religiösen Lebens und Denkens der Befragten durchleuchtet wurden.

Fundamentalistische Strömungen

Während im südlichen Teil Afrikas also die Christen zahlenmäßig überlegen sind, halten sich die Zahlen der Angehörigen beider Weltreligionen auf dem ganzen Kontinent durch die muslimische Dominanz im Norden in etwa die Balance: Zwischen 400 und 500 Millionen Christen und ebenso viele Muslime leben heute in ganz Afrika. Weltweit leben etwa ein Fünftel der Christen und ein Drittel der Muslime in Afrika. Besonders erfolgreich sind auf beiden Seiten konservative bis fundamentalistische Strömungen, was das Zusammenleben mitunter verkompliziert. Auf christlicher Seite sind vor allem amerikanische evangelikale Kirchen und Pfingstkirchen stark präsent, auf muslimischer Seite gilt in einigen Ländern strikt die Scharia. Neben den oben zitierten Ergebnissen bei den Fragen nach der wörtlichen Auslegung der Schriften und der Rückkehr Jesu bzw. des Kalifats spricht auch das Rechtsverständnis auf beiden Seiten eine deutliche Sprache: Mindestens ein Drittel und bis zu 60 Prozent der Befragten der einzelnen Länder sind dafür, die Bibel bzw. die Scharia wörtlich zum Gesetz zu machen.

Auch mit der Rolle der traditionellen Religionen beschäftigt sich die Studie des Pew Research Insitute. Diese wurden zwar stark zurückgedrängt, leben aber in Christentum und Islam in gewisser Weise weiter. Ahnen- und Geisterglaube, Totems sowie magische Heilkräfte sind nur einige Beispiele für Elemente der traditionellen Religionen, die teilweise in das gelebte religiöse Leben der afrikanischen Christen und Muslime einfließen. Durchschnittlich glaubt zum Beispiel etwa ein Viertel der Befragten sowohl bei den Christen als auch bei den Muslimen an die schützende Wirkung von Opfern an Geister oder Ahnen.

Alle Ergebnisse der Studie sind nachzulesen unter http://pewresearch.org/.

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