Zwischen Pjöngjang und Budapest

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Mit den Mitteln moderner Bildbearbeitung ist heutzutage (fast) alles möglich. Das weiß mittlerweile schon fast jedes Kind.

Und dass sich Diktaturen solcher Manipulationsmethoden gern bedienen, haben alle gleichfalls eh schon immer gewusst. Jedenfalls war es beileibe keinen Aufreger wert, als sich ein Bildanalytiker für die New York Times die Aufnahmen vom Begräbnis des Kim Jong Il vornahm:

Wie es der Blog der New York Times offenbarte, wurde eine Gruppe von Personen um einen TV-Kameramann, die beim Trauerzug mit dem Sarg des nordkoreanischen Diktators durch Pjöngjang hinter den Reihen der Trauernden am Straßenrand standen, samt ihrer Spuren im Schnee offenbar aus ästhetischen Gründen aus dem Bild wegretuschiert. Wenn der Sohn des Himmels heimgeht, dann sollen profane Werktätige das Tableau keinesfalls stören. Früher hat man nicht nur in Pjöngjang solche Ästhetik mit idealisierten Gemälden befördert, nun gibt es als fotografisches Pendant dazu die "idealisierte Aufnahme“.

Sage aber keiner, dass solch barbarische Vergewaltigung einer bildlichen Wirklichkeit nur in einem Schurkenstaat wie Nordkorea zugange ist. Auch im benachbarten Ungarn erhitzt eine Retuschen-Affäre die Gemüter öffentlich: So hatte kurz vor Weihnachten das Staatsfernsehen ein TV-Interview mit dem rumänisch-ungarischen Bischof László Tökes gezeigt, in dem das Konterfei eines ehemaligen Höchstrichters im Hintergrund entfernt worden war.

Der direkte Vergleich mit Nordkorea mag da ja (noch?) unzulässig sein. Aber die Tatsache, dass der verantwortliche Chefredakteur in der zentralen staatlich-ungarischen Nachrichtenredaktion von einem rechtsextremen Fernsehsender kommend an diese Position gehievt worden war, gibt zu denken.

Die Entfernung zwischen Pjöngjang und Budapest ist vielleicht schon geringer, als sie eigentlich sein sollte.

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