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Was nehmen sie nach Hause?

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Welches Österreichbild werden die Bosnien-Rückkehrer in ihre alte/neue Heimat mitnehmen?.

Fall eins: Eine moslemische Familie in einer niederösterreichischen Gemeinde will zurück in ihren Heimatort, der im Laufe dieses Krieges zweimal total zerstört wurde. Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Die Gemeinde und ihr Pfarrer haben nun beschlossen, den Rückkehrern alle erdenkliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Zuerst fuhr der Pfarrer in den bosnischen Ort und machte eine Bestandsaufnahme.

Daraufhin wurde ein Traktor angeschafft, ein LKW organisiert, der die verschiedensten Geschenke hinunterbringen wird: human-und veterinärmedizinische Vakzinen, Saatgut, Lebensmittel, Baumaterial. Dazu bekommt jedes Familienmitglied das Fahrgeld -und die Zusicherung der Gemeinde, je nach Bedarf weitere Hilfe zu leisten, die eines Tages, wenn möglich, zurückerstattet werden sollte.

Diese Flüchtlinge werden in ihren Herzen das beste Bild Österreich^ in die alte/neue Heimat mitnehmen - und den Landsleuten demonstrieren können.

Fall zwei: Eine Frau ist unter schwierigsten Umständen nach Österreich verschlagen worden, mit zwei halbwüchsigen Söhnen. Es zeigen sich bei ihr psychische Störungen, sie kommt in psychiatrische Behandlung, die Medikamente helfen eine Zeitlang. Die Frau verfällt neuerlich in eine Krise. Sie besuchte vor längerer Zeit ihren bosnischen Heimatort, hat dort Verwandte, die ihr zureden, zurückzukehren.

Sie hat auch noch eine eigene Wohnung dort, die aber an innerbosnische Flüchtlinge vergeben würde, wenn sie nicht am Stichtag selbst anwesend wäre. Daran wird sie durch die kroatischen Behörden in Wien gehindert, die ihr nicht sofort ein Transitvisum ausstellen und außerdem insgesamt mehr als 500 Schilling Gebühren verlangen. Ein enormer Betrag für die Frau. Sie fährt verspätet, aber trotzdem.

Es stellt sich die Frage: Wird es in Österreich eine Beratung geben, die im Interesse der Flüchtlinge, gemeinsam mit ihnen, die Voraussetzungen der individuellen Rückkehr untersucht, und ihnen nicht den Eindruck gibt, daß man nur froh ist, wenn sie von alleine gehen wollen?

Es wird jedenfalls, laut offizieller Auskunft, bisher keine garantierte Möglichkeit für eine neuerliche Aufnahme in Österreich angeboten, wenn die Umstände in Bos- * nien-Herzegowina den Rückkehrern kein menschenwürdiges Dasein möglich machen sollten.

Der „Schnupper-Besuch" - ein nicht sehr taktvoller Begriff in diesem Zusammenhang - soll daher offiziell unterstützt werden.

Ein Flüchtling fragt mich: Wird man uns wenigstens jetzt, bis zu unserer Rückkehr, Arbeit geben, damit wir wieder „normal" werden können? Und auf diese Frage weiß ich keine Antwort.

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