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So wichtig ein gemeinsames Reflektieren über die Gründe des (kolportierten) schlechten Abschneidens bei der Bildungsstudie ist: PISA ist nicht das Maß aller Dinge.

Jetzt hat es uns also erwischt. Wenige Meter vor der Weltklasse, in deren Richtung Österreich unaufhaltsam unterwegs gewesen war, wurde die Leistungsfähigkeit der heimischen Schülerinnen und Schüler - und damit auch jene des österreichischen Schulsystems - gnadenlos zurückgestuft: vom angenehmen Platz 10 auf den (kolportierten) 19. Rang. Wieviel Aussagekraft diesem Absturz in der internationalen OECD-Bildungsvergleichsstudie beizumessen ist, wird die geschockte Öffentlichkeit erst am 7. Dezember erfahren: Dann nämlich wird Österreichs PISA-Koordinator Günter Haider die offiziellen Daten lüften.

Bis zur absoluten Gewissheit bleibt also noch reichlich Zeit für Spekulationen. Zum Beispiel darüber, wer die Schuld an dem Debakel trägt. Naheliegender Verdacht: die Bildungsministerin. Doch auch wenn Elisabeth Gehrer gegenüber ihren Pressestunde-Musterknaben angab, die Verantwortung für die PISA-Ergebnisse "überhaupt nicht" abzulehnen: Am Ende sind doch wieder "beharrende Kräfte" und "sehr viele ideologisch belastete Teile" im Bildungsbereich schuld an dem Malheur.

Mit ihrem Befund hat Gehrer Recht - freilich finden sich "ideologisch belastete" Wortführer nicht nur in den Reihen der Opposition, sondern in allen Fraktionen. Es ist gleichermaßen ärgerlich, wenn die SPÖ aus parteitaktischen Gründen Verhaltensvereinbarungen ablehnt, wie wenn die Ministerin Visionen einer differenzierten Gesamtschule als "Uraltmodell von Einheitsschule" disqualifiziert.

Für solch schwarz-weiß-malerische Bildungsdiskussionen sind die Probleme, die schon in der PISA-Studie des Jahres 2000 festgestellt wurden - aber im allgemeinen Jubel über das schmeichelnde Ergebnis ("Besser als Deutschland!") oftmals untergingen -, zu komplex. Schon damals wurde neben einer erschreckend niedrigen Lesekompetenz unter den Jugendlichen (rund 20 Prozent können nur schlecht lesen) auch die soziale Segregation durch das hiesige Schulsystem kritisiert. So gehört Österreich zu jenen Staaten, in denen der Einfluss des sozioökonomischen Status von Schülerinnen und Schülern auf ihre schulischen Leistungen besonders stark ausgesprägt ist. "Für eine substanzielle Verbesserung der Leseleistung wäre die Entflechtung dieses Zusammenhangs, wie sie z. B. den nordischen Ländern bereits weitgehend gelungen ist, eine wichtige Voraussetzung", heißt es dazu in den Empfehlungen der "Zukunftskommission", die an anderer Stelle für eine "freiwillige Frühförderung" für Migranten-Kinder plädiert. Dass die Parteien diesen Rat erst jetzt beherzigen und - wie die Wiener ÖVP - ein Gratis-Kindergartenjahr inklusive Deutschkurs fordern, gibt zu denken.

Nicht minder bedenkenswert ist freilich die Frage, ob PISA überhaupt das Maß aller Dinge ist. Ziel dieses Tests ist ja das "Benchmarking" - ein Begriff, der bezeichnenderweise aus dem Wirtschaftsbereich stammt und "das Vergleichen von Herstellungsprozessen, Managementpraktiken sowie Produkten oder Dienstleistungen zur Aufdeckung von Leistungsdefiziten" beschreibt.

Auf der Suche nach solchen Defiziten - und im Sinne der "Output"-Ausrichtung des "Dienstleistungsbetriebes" Schule - wurden in Österreich also 4700 Schüler im Alter von 15 Jahren stichprobenartig hinsichtlich ihrer Fähigkeiten in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen geprüft.

So bedenklich hier schlechte Detail-Ergebnisse auch sein mögen: Über wesentliche Faktoren eines gelungenen Bildungsprozesses in der Schule vermag PISA nichts auszusagen - nichts über das Schulklima, nichts über das Engagement der Schüler. Vor allem aber nichts über die Freude, die sie in der Schule und am Lernen empfinden. Gerade hier müssten in Österreich die Alarmglocken schrillen: So nimmt die Freude am Schulbesuch ab zehn Jahren spürbar ab; umgekehrt nehmen Schulangst und Stress zu.

Hier anzusetzen und sinnloses, aber stressiges punktuelles Testen zu hinterfragen, wäre ebenso notwendig wie das gemeinsame Reflektieren über das schlechte PISA-Ranking. Schließlich geht es nicht primär um nationale Eitelkeiten, sondern darum, ob die Jugend von heute Lust bekommt, sich die Mühsal des Lernens lebenslang anzutun.

doris.helmberger@furche.at

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