Die Babymacher und ihre …

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Wenn es einfach nicht klappen will, kann die Medizin vielen Paaren zu einem Kind verhelfen. Doch es gibt Grenzen: Gesetzliche und auch medizinische.

Schwanger mit 48 Jahren. So hieß kürzlich die frohe Kunde der ehemaligen Politikerin Karin Resetarits, die bereits vier Kinder hat. Die Hintergründe des späten Mutterglücks sind freilich unbekannt, doch zeigt es einen Trend: Immer öfter werden Frauen in der Lebensmitte schwanger, mit oder ohne Hilfe der boomenden Fruchtbarkeitsmedizin. Denn die Zahl ungewollt kinderloser Paare nimmt zu, ebenso jener Frauen, die erst später ein Kind haben wollen. Und wenn dann noch in regelmäßigen Abständen Mütter jenseits der 50 Jahren für Schlagzeilen sorgen, so wird deutlich, welcher Ruf der Fortpflanzungsmedizin vorauseilt: Es ist heute alles möglich.

Nun melden sich sogar führende Fortpflanzungsmediziner bremsend zu Wort, wie Wilfried Feichtinger in seinem Buch „Die Unfruchtbarkeitsfalle. Wie es dazu kommen kann, dass man den Zug verpasst“ (S. 24): Paare sollten früher an die Familienplanung denken, denn gegen die Eizellalterung ist trotz wissenschaftlichen Fortschritts noch kein „Kraut“ gewachsen.

Den Zug verpasst?

So haben Frauen von 38 Jahren noch eine 20-prozentige Chance, in einem Zyklus schwanger zu werden und ein Kind zur Welt zu bringen, Frauen ab 40 nur mehr eine Chance von zehn Prozent, schwanger zu werden, und nur noch eine fünfprozentige, ein Kind zu gebären. Die Gefahr, dass Eizellen genetische Defekte aufweisen, steigt an. Diese biologische Grenze sei vielen Paaren nicht bewusst, mahnt auch der Fortpflanzungsmediziner Georg Freude, Präsident der Österreichischen IVF-Gesellschaft. Hilfesuchende Paare würden jedenfalls stetig zunehmen, so Freude, der erklärt: Aber nicht nur, weil Paare immer später an Nachwuchs denken würden, auch die Sterilität nehme zu. Die Spermaqualität der Männer nimmt ab, die Ursachen sind nicht völlig geklärt: Umwelteinflüsse werden diskutiert, auch Infektionen bei Männern und Frauen sind eine Ursache für Unfruchtbarkeit.

Klar ist hingegen eine Empfehlung der Mediziner, wie Georg Freude betont: Paare sollten nicht zu lange selbst „herumdoktern“. Wenn nach einem Jahr ungeschütztem Geschlechtsverkehr die Frau unter 35 Jahren nicht schwanger geworden ist, ist fachlicher Rat angesagt. Bei älteren Frauen soll schon nach einem halben Jahr Erfolglosigkeit den Ursachen auf den Grund gegangen werden. Doch viele Paare kommen zu spät in die Kinderwunschzentren.

Ist die Frau dann bereits über 40 Jahre alt, schießt auch der Staat bei der kostspieligen Behandlung nichts mehr zu. Der IVF-Fonds (Fonds zur Unterstützung bei Invitro-Fertilisation, siehe Artikel unten), übernimmt 70 Prozent der Kosten bei vier Versuchen einer Kinderwunschbehandlung. Die Frau darf aber nicht älter als 40, der Mann die 50 noch nicht überschritten haben. Vor Kurzem wurde das IVF-Fonds-Gesetz novelliert. Im Zuge dessen wurde eine Anhebung der Altersgrenze diskutiert, letztlich aber wurde das Alterslimit beibehalten, da die Chancen ab 40 rapide zurückgingen und Mittel begrenzt sind. ÖVP, SPÖ und die Grünen sowie Experten waren für die Beibehaltung der 40-Jahre-Grenze. Die Zahl der Antragsteller steigt. Ebenso die Erfolgsraten, also eingetretene Schwangerschaften pro Versuch: von 23 Prozent 2001 auf 32 Prozent im Jahr 2008. Die Erfolgsrate sinkt freilich rapide mit dem Alter.

Doch nicht nur die „Natur“ setzt Grenzen in der Fortpflanzungsmedizin, auch die Gesetzeslange: Die junge Frau hat schon einiges durchgemacht. In jungen Jahren erkrankte sie an Leukämie. Endlich genesen, möchte sie ein Kind haben, doch ihre Eierstöcke sind durch die Bestrahlung geschädigt. Die junge Frau könnte nur mit Hilfe einer Eizelle, die eine fremde Frau spendet, schwanger werden. Doch Eizellspenden sind in Österreich im Unterschied zu anderen EU-Ländern verboten. Die einen fürchten, dass Frauen aus armen Regionen ausgebeutet werden könnten, die anderen weisen auf den Widerspruch hin, dass Eizellspenden verboten, Spermaspenden aber erlaubt sind. Viele Paare mit ähnlich gelagerten Schicksalen versuchen ihr Glück in Kinderwunschzentren im nahen Ausland, etwa der Slowakei, wo Eizellspenden erlaubt sind.

Dieses Beispiel befasst zurzeit den Fortpflanzungsmediziner Dietmar Spitzer, Präsident der zweiten Fachgesellschaft auf diesem Gebiet: der Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Doch trotz Lobbying der Mediziner, die Politik denkt zurzeit nicht an eine Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes. Noch ein zweiter Punkt entfacht regelmäßig eine hitzige Diskussion: die Präimplantationsdiagnostik (PID). Auch diese ist in Österreich verboten. Bei diesem Diagnoseverfahren wird ein Embryo vor der Rückführung in die Gebärmutter auf Gendefekte untersucht. Gegner befürchten eine Selektion des Menschen bereits im Embryonalstadium. Befürworter verweisen auf Paare, die ohne dieses Verfahren geringe Chancen auf ein gesundes oder lebensfähiges Kind hätten. Die Bioethikkommission im Kanzleramt hat sich 2004 für die PID ausgesprochen: bei strengen Indikationen.

Recht auf ein gesundes Kind?

Spitzer schließt sich dem an und nennt den Fall eines Paares, bei dem aufgrund eines Gendefekts der Mann und das erste Kind an einem bösartigen Augentumor erkrankt sind. Nun möchte das Paar ein zweites Kind. Doch die Wahrscheinlichkeit, wieder ein Kind mit dieser Erkrankung zur Welt zu bringen, ist hoch, mit Hilfe der PID könnte jener Embryo ausgewählt werden, der diesen Defekt nicht aufweist.

Die Untersuchung des Embryos in der Gebärmutter sei erlaubt, auch der Abbruch der Schwangerschaft aufgrund einer schweren Behinderung des Kindes bis zur Geburt, geben manche Fachleute zu Bedenken. Doch vor der Implantierung des Embryos ist die Untersuchung auf Gendefekte verboten. Nicht die einzige paradox anmutende Stelle im aktuellen Fortpflanzungsmedizingesetz: Auch darf in Österreich mit einer Samenspende nur eine Insemination gemacht werden, keine Invitro-Fertilisation.

Diese Grenzen fördern den Kinderwunsch-Tourismus. Auch nach Österreich. Denn im Unterschied zu Deutschland sorgt hierzulande die Möglichkeit, befruchtete Eizellen in einem späteren Stadium in die Gebärmutter einzupflanzen, für höhere Erfolgsraten.

Eine EU-weit einheitliche Regelung hält Spitzer derzeit für utopisch. Und selbst wenn es diese gebe, für manche sehr umstrittene Wünsche müssten Paare wieder in andere Länder reisen, etwa die USA, wenn es um Leihmutterschaft oder „Designer-Babys“ aus dem Katalog ginge. Für manche Skeptiker keine Utopie mehr.

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