"Es gibt auch Erfolgsgeschichten"

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Mohamed Conteh setzt sich für nachhaltigen Schutz von dörflichen und sozialen Strukturen in Sierra Leone ein. Er baut auf den Optimismus seines Volkes.

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Mohamed Conteh setzt sich für nachhaltigen Schutz von dörflichen und sozialen Strukturen in Sierra Leone ein. Er baut auf den Optimismus seines Volkes.

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Mohamed Conteh ist Gründer des Sierra Leone Netzwerks für das Recht auf Nahrung (SiLNoRF) und der NGO Mankind's Activities for Development Accreditation Movement (MADAM). SiLNoRF berät die Bauern, die ihr Land an den Konzern Addax verpachtet haben.

Die Furche: Die Befürworter großer Landinvestitionen sagen, es gibt so viel Brachland, das endlich genutzt wird.

Mohamed conteh: Die Auffassung, dass in diesem Land viel Ackerland ungenutzt bleibt, ist falsch. Sie beruht auf einer Unkenntnis der Landwirtschaft. Die Bauern arbeiten nach dem Rotationsprinzip. Sie bebauen ein Stück Land und nach der Ernte ziehen sie weiter und lassen den Acker brachliegen, damit er sich auf natürliche Weise wieder mit Nährstoffen versorgt. Der Einsatz chemischer Düngers ist nicht sehr verbreitet. Auf den ersten Blick kann man also viel Land sehen, auf dem nichts angebaut wird. Aber das ist falsch: nach zwei Jahren kommt der Bauer zurück. Das ist eine nachhaltige Form des Ackerbaus.

Die Furche: Was bedeutet das für die Gemeinden, die ihr Land verpachtet haben?

conteh: Früher zirkulierte innerhalb der Gemeinden kaum Geld. Es kamen natürlich Händler aus Makeni und haben Reis und landwirtschaftlichen Produkte gekauft. Jetzt ist es umgekehrt: die Leute aus den Dörfern müssen nach Makeni fahren, um Nahrungsmittel einzukaufen.

Die Furche: Addax hat also eine ganze Region von seinen Operationen abhängig gemacht.

conteh: Das kann man so sagen. Die Bauern sind jetzt auf Jobs angewiesen und durch das Farmer Development Program sind sie jetzt an Traktoren und Kunstdünger gewöhnt. Drei Jahre war das gratis, jetzt müssen sie dafür bezahlen.

Die Furche: Nach dem Bürgerkrieg haben Sie sich auch um Kindersoldaten gekümmert.

conteh: Schon während des Krieges und unmittelbar danach. Ich habe vorher schon die NGO Mankind's Activities for Development Accreditation Movement (Madam) gegründet. In MADAM haben wir die Rehabilitierung dieser Kindersoldaten durch psychosoziale Unterstützung, Traumaaufarbeitung und andere Massnahmen gefördert. Das war von 2001 bis 2006. Einige haben dann den Schulabschluss machen können. Es gibt einige Erfolgsgeschichten. Eine der bekanntesten Journalistinnen des Landes war bei und engagiert sich jetzt für Frauenrechte und gegen familiäre Gewalt.

Die Furche: Der Norden des Landes war ja vom Bürgerkrieg besonders betroffen.

conteh: Gegen Ende des Krieges hatten die Rebellen hier in Makeni eine starke Basis. Ich war damals nicht hier. Ich komme aus dem Osten der Nachbarprovinz Tonkolili, dort wo die Diamanten abgebaut werden. Die Regierungstruppen bombardierten damals die Rebellenhochburg. Da kamen natürlich viele Zivilisten ums Leben. Als sie dann abzogen, nahmen die Rebellen einen Teil der Bevölkerung und die Nahrungsmittel mit. Die Menschen litten sehr. Aber die Zerstörungen waren weniger schlimm als im Süden und anderen Teilen des Nordens. In meinem Heimatdorf wurde jedes einzelne Haus niedergebrannt. Sechs Jahre lang hat dort keiner mehr gelebt. Wenn ein Dorf erobert wird, dann machen die sowas. Sowohl die Rebellen, als auch die Regierungssoldaten.

Die Furche: Ist die Versöhnungsarbeit schon abgeschlossen?

conteh: Das Gute bei uns in Sierra Leone ist, dass die Leute schnell vergessen wollen und sagen: gehen wir voran. MADAM ist ein gutes Beispiel. Bei uns hatten wir ehemalige Kindersoldaten, Flüchtlinge, Vertriebene, vergewaltigte Mädchen, erwachsene Kämpfer. Alle denkbaren Opfer und Täter. MADAM war einer der Ausgangspunkte, wo die Versöhnung stattfand. Wir hatten sozusagen Katzen und Mäuse auf einem Platz. Alle arbeiteten in der gleichen Umgebung und die Versöhnung war notwendig. Die Aussage "Wir können nicht vergessen aber wir können vergeben", wurde zu einem vielzitierten Satz.

Die Furche: Ebola hat das Land wirtschaftlich stark zurückgeworfen. Kann man den Schaden beziffern?

conteh: Sierra Leone hatte vor Ebola zweistellige Wachstumsraten. Allerdings wirkte sich das kaum auf die einfachen Leute aus. Es gab keinen Trickle-down-Effekt. Es wird also viel Eisenerz exportiert. Aber trotzdem werden die Menschen ärmer.

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