Ein muslimischer Schüler wird von einer Lehrerin diszipliniert, die Mutter kommt in die Schule und bekundet Verständnis dafür. Tags darauf erscheint der Vater und lässt die Lehrerin wissen, dass (auch angehende) Männer sich von einer Frau nichts vorschreiben lassen müssen. Aber die Mutter...? "Die hat hier nicht mitzureden!" Das ist keine erfundene Geschichte. Mangel an Integrationsbereitschaft? Oder Übergangsprobleme beim Hineinwachsen in eine neue Zivilisation? Wer dafür ein schnelles Urteil zur Hand hat, weiß nicht, wovon er (sie) redet.
Integration von Zuwanderern ist kein Volksfest mit Musik und Tanz. Jüngst wurde darüber wieder einmal in einer hochkarätig besetzten internationalen Runde in der Wiener Hofburg debattiert. Auch auf dieser Ebene ist eine solche Diskussion zunächst eine Versuchung zu ideologischer Rhetorik. Zuerst wird von allen alles schöngeredet, man muss ja guten Willen zeigen. Nur mühsam ist dann zu erahnen, dass Muslime sehr verschiedenartig sind - und Einheimische sowieso.
Auch im Islam gibt es streng und lau und gar nicht Gläubige. Für viele ist der Islam eine Religion, für viele eher eine Identität stiftende Kulturgemeinschaft, für manche ein Schutzwall für antiwestlichen Terrorismus. Stoßen solche Haltungen mit klobigen österreichischen Pauschalurteilen zusammen, kommt es zu Verhärtungen, Widerstand und Einigelung. Aus solchen Sackgassen führen keine Anordnungen, Gesetze oder Belehrungen heraus. Aber auch nicht Problemverleugnung und unkritische rhetorische Umarmungen.
Unerlässlich ist Vertrauen, und dafür ist gegenseitiges Kennenlernen notwendig, Diskurs also nicht nur in der Hofburg, sondern auch im Wirtshaus und im Pfarrcafé. Das ist mühsamer und lohnender als parteipolitischer Kleingeldwechsel und moralisierende Leitartikelei.
Der Autor ist freier Publizist.