Verkleiden, von Haus zu Haus ziehen, Lieder singen, Sprüchlein aufsagen, Geld für den guten Zweck sammeln und am Ende noch schnell die aktuelle Jahreszahl an die Türe kritzeln. Wenn es für die Kinder gut läuft, gibt’s auch noch Süßigkeiten, die das Verfallsdatum noch nicht überschritten haben. Ist ja an sich eine gute Tradition, das Sternsingen. Wäre da nicht die Tatsache, dass Kinder immer noch dunkle Farbe ins Gesicht geschmiert bekommen, um „den Mohr“ darzustellen. Das Argument, man wolle auf die unterschiedliche Herkunft der drei Männer verweisen, ist in einer globalisierten Gesellschaft von 2020 aber hinfällig. Wir plädieren ständig dafür, dass Hautfarbe kein Kriterium für Herkunft ist, dass alle Menschen gleich sind und vor allem Weiße keine Privilegien haben (sollten!).
Und trotzdem sind es Weiße, die für sich das Recht in Anspruch nehmen, people of color – so die (politisch) korrekte Bezeichnung für Menschen mit anderer Hautfarbe als weiß – mittels simpler Farbe im Gesicht nachzuahmen. Oder haben Sie schon einmal ein Kind gesehen, dass weiß angemalt ist, um den Europäer zu verkörpern? Gerade das Schwarz-Bemalen ist problematisch, weil historisch einer rassistischen Schauspieltradition aus den USA geschuldet. Selbst wenn die Intention beim Sternsingen eine andere ist, bleibt ein dunkel angemaltes Gesicht rassistisch konnotiert und lässt sich nicht durch ein einfaches „So war es ja nicht gemeint“ gutheißen. Wir wissen über die Problematik des bewussten und unbewussten Rassismus Bescheid, also sind wir auch gefordert, unsere Traditionen und Verhaltensweisen dahingehend zu hinterfragen. Auch, wenn es um den guten Zweck geht.