Von 14. bis 18. Juli stürmen rund tausend Kinder die Hörsäle der Universität Wien. Im Rahmen der ersten "Kinderuni" sollen über 80 Vorlesungen aus allen wissenschaftlichen Disziplinen den kindlichen Wissensdurst stillen.
Harry Potter hat es David angetan. "Ich habe beide Filme im Kino gesehen - und auch die Videos", versichert der Achtjährige glaubhaft. Nur noch wenige Tage, und David wandelt selbst auf den Spuren des halbwüchsigen Zauberlehrlings: Kommenden Mittwoch wird er im Rahmen der ersten Kinderuni Wien offiziell in die Geheimnisse der Alchemie eingeführt. Unter Anleitung von Robert Liska vom Institut für Angewandte Synthese-Chemie der TU Wien wird er gemeinsam mit seiner Freundin Sarah und anderen Sieben- bis Zwölfjährigen das Rezept der Potterschen Geheimtinte ergründen und nebenbei auch an einem Popcorn-Reaktor tüfteln.
Wie sieht Gott aus?
Doch mit derlei Erkenntnissen ist Davids Wissensdurst noch lange nicht gestillt: Insgesamt zehn Vorlesungen hat der Volksschüler, der später einmal "Wissenschafter oder Steuerberater" werden will, von 14. bis 18. Juli an der Kinderuni inskribiert. Die Palette der darin behandelten Fragen reicht von "Warum ist der Himmel blau?" über "Was ist Rechtswissenschaft?" bis hin zu "Wo wohnt Gott und wie sieht er aus?".
Nicht nur entnervte Eltern wissen um die schier grenzenlose Neugier von Kindern. Auch im Kinderbüro der Universität Wien hat man sich ihrer erinnert, als man sich gemeinsam mit "wienXtra" den Kopf über eine mögliche Sommerbetreuung für den Nachwuchs der Universitätsangehörigen zerbrach. "Mit der Kinderuni schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe", freut sich Karoline Iber, Projektleiterin der Kinderuni und Leiterin des Kinderbüros der Universität Wien. "Zum einen wissen wir einen Teil der Unikinder betreut. Zum zweiten können wir das, was wir an den Wissenschaftern so schätzen - nämlich ihre Neugier - mit der Neugier der Kinder zuammenbringen." Schon bald wurde die Zielgruppe erweitert: So sind mittlerweile nicht nur die Sprösslinge von Studierenden, Dozentinnen und Professoren eingeladen, sondern alle Kids, denen der Geist im Sommer nicht nur nach Eis und Baden, sondern auch nach Forschen steht.
Als Vorbild dient die Universität Tübingen: Dort hat sich die Kinderuni - die im Unterschied zu Wien während des Semesters angeboten wird - bestens bewährt. Auch an der hiesigen Alma Mater kann man über mangelndes Interesse nicht klagen: Wenige Tage vor Beginn des Events haben sich bereits rund tausend Kinder für über 80 verschiedene Vorlesungen angemeldet. Keine Mühen wurden gescheut, um den Studierenden und Professoren in spe das universitäre Leben so authentisch wie möglich zu präsentieren: Die Kids erhalten ein Studienbuch, einen Studentenausweis und eine Matrikelnummer. Schließlich steht als Highlight der Woche im großen Festsaal eine feierliche Sponsion samt Rede von Rektor und Vizerektoren am Programm. Auch ein Sponsionsfest in Form einer Strandparty im Museumsquartier ist geplant.
Zentrales Anliegen ist es freilich, die kindliche Lust an der Wissenschaft zu wecken. Besonders groß ist diese Lust, wenn es um naturwissenschaftliche Themen geht, weiß Julia Petschinka vom Wiener Institut für Experimentalphysik: Bereits nach wenigen Tagen war ihre Vorlesung "Was macht die Physik so spannend?" ausgebucht. Mit zwei Zusatzvorlesungen und jeder Menge Experimenten will sie den kindlichen Wissensdurst stillen. Unter ihrer Aufsicht können die Kinder selbst am Versuchstisch Blumen in flüssigem Stickstoff gefrieren lassen oder in einer Flasche Wolken kreieren. "Kinder trauen sich noch, Fragen zu stellen. Später wird dann die Physik immer uninteressanter", weiß Petschinka. Umso wichtiger sei es, Kinder schon früh an die Materie heranzuführen. Als Paradebeispiel dient Petschinka selbst: In einem alternativen Kindergarten kam sie erstmals mit Physik in Berührung. Heute forscht sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Anton Zeilinger an einem Prototypen für Quantenkryptographie.
Keine halben Antworten
Auch Josef Tomiska war als Sohn eines Technikers "von Kindesbeinen an" mit den Naturwissenschaften konfrontiert. Heute geht er den Naturgesetzen am Wiener Institut für physikalische Chemie auf den Grund. In den Vorlesungen "Warum ist der Himmel blau?" und "Wie hat Gott die Welt gemacht?" versucht er, die Kids mit seinem Forscherdrang anzustecken. "Kinder sind immer eine Herausforderung, dass man noch punktgenauer wird", ist sich Tomiska bewusst. "Wenn man ihnen etwas verständlich erklären kann, dann ist man schon sehr weit."
Nähere Infos zur KinderuniWien unter www.kinderuni.at und (01) 4277-10007