"Sicherheit der Bürger steigern"

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Michael Zettel von der Unternehmensberatung Accenture sieht im Public Value Management nicht nur die Quantifizierung von Leistungen.

Die Furche: Was ist für Sie Public Value Management?

Michael Zettel: Es gibt keine allgemein gültige Definition für den Begriff Public Value Management (PVM). Im Kern geht es darum, die Wertschöpfung der öffentlichen Verwaltung zu erkennen und danach auszurichten. Ziel von PVM ist eine Verwaltung, die ihre Handlungen wirkungsorientiert und ihre Dienstleistungen effizient erbringt. Wirkungsorientiert bedeutet, dass sich Organisationen ihrer Aufgaben bewusst werden, um ihre gesellschaftlichen und sozialen Ziele optimal zu erreichen. Ein Beispiel für die Wirkung der Arbeitsverwaltung wäre die Maximierung der Vermittlung von Arbeitssuchenden. Oder, wenn ich an die Sicherheitsbehörde denke, die Steigerung der Sicherheit der Bürger: Und zwar sowohl die objektive Steigerung der Sicherheit, als auch die subjektiv empfundene Steigerung des Sicherheitsempfindens.

Die Furche: Ist das auch an Zahlen festzumachen?

Zettel: Wir können diese Wirkung an Zahlen festmachen, aber Zahlen sind nur ein Hilfsmittel. Wichtiger ist, dass die öffentlichen Verwaltungen ihren Beitrag für das Allgemeinwohl erkennen und diesen bewusst steuern. Zahlen vereinfachen diesen Prozess. Wesentlich ist aber, sich der eigenen Ziele bewusst zu sein, und die gesamte Organisation danach auszurichten. Nehmen wir wieder das Beispiel der Arbeitsverwaltung: In Sinne des PVM sind Führungskräfte gefordert, ihre Abteilungen danach zu steuern, wie gut sie das Ziel einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung erfüllen. Der Erfolg kann dann an der Anzahl der Menschen, die sie in die Arbeitswelt integrieren, gemessen werden.

Die Furche: Das Erste, was Sie zu Ihren Kunden sagen, ist also nicht, dass man den Public Value quantifizieren muss …

Zettel: Es ist wichtiger, sich auf seine Aufgaben als öffentlicher Dienstleister zu konzentrieren. Anhand eines definierten Leistungskatalog können Verwaltungen dann auch den Public Value messen - beispielsweise mit unserem "Public Service Value Modell".

Die Furche: Wie funktioniert dieses Modell?

Zettel: Mit diesem Instrument können öffentliche Verwaltungen ihre Leistungen ähnlich den Leistungsindikatoren von börsennotierten Unternehmen bewerten.

Die Furche: Die öffentlichen Stellen wollen sich aber auch mit dem Management ihres "öffentlichen Wertes" für ihr Tun rechtfertigen.

Zettel: Selbstbewusste Organisationen, die für die Allgemeinheit Wert schaffen, nutzen Methoden wie das "Public Service Value Modell", um ihre Leistungen nach außen transparent zu machen. Außerdem werden sie eingesetzt, um Investitionen zu rechtfertigen. Aber unser "Public Service Value Modell" wird nicht nur als Controlling-Tool eingesetzt. Mitarbeitermotivation ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt: Wenn Mitarbeiter den Wert ihrer Arbeit erkennen, steigt im Regelfall die Mitarbeiterzufriedenheit und parallel dazu die Qualität der Arbeit.

Die Furche: Aber was bringt PVM dem Bürger wirklich?

Zettel: PVM verfolgt ein klares Ziel: Die Kunden der Verwaltung - das können Bürger, Unternehmen, die Gesellschaft im Allgemeinen oder die Steuerzahler sein - werden in den Mittelpunkt des Handelns gestellt. Insofern bringt PVM eine stärkere Dienstleistungsorientierung und für jeden Bürger ein Mehr an Service. Es kann auf jeder Organisationsebene der Verwaltung PVM eingesetzt werden: von der Bezirkshauptmannschaft bis hin zum Bundesministerium oder ausgelagerten Organisationen wie zum Beispiel dem Arbeitsmarktservice.

Die Furche: Der Begriff PVM ist im Zusammenhang mit Rundfunkstationen schon ein Begriff, haben Sie auch andere Beispiele?

Zettel: Österreich ist im Bereich PVM punktuell sehr gut aufgestellt. Ein Erfolgsbeispiel ist die Haushaltsreform des Bundesfinanzministeriums: Mithilfe von PVM wurde ein neues Steuerungssystem eingeführt, das den Einsatz von Steuermitteln optimiert. In diesem Modell werden Anreize für Verwaltungen geschaffen, das Budget gezielt einzusetzen und nicht einfach das vorgegebene Budget auszugeben. Dadurch werden Freiräume für Innovationen geschaffen, die wiederum zusätzlichen Wert für die Bürger bringen.

Die Furche: Dennoch wird PVM in der Öffentlichkeit noch nicht so wahrgenommen.

Zettel: Ich bin der Meinung, in Österreich fehlt hier - auf Bundesebene - noch ein übergreifendes Konzept: Die Grundideen von PVM müssen in der Verwaltung stärker verankert und darüber hinaus für alle Behörden so etwas wie eine Organisationsanleitung zur Verfügung gestellt werden. Hierbei besteht sicherlich noch Handlungsbedarf.

Die Furche: Gibt es solche Bestrebungen auch bei Schulen oder Krankenhäusern?

Zettel: Bei der Reform des Gesundheitswesens werden ansatzweise Methoden des PVM angewendet. Ein Beispiel ist das Benchmarking der Gebietskrankenkassen in der Sozialversicherung: Durch einen Leistungsvergleich zwischen den einzelnen Gebietskrankenkassen wurden Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt, die eine wesentliche Basis für die Reform bildeten. Das Benchmarking war aber lediglich ein erster Schritt.

Die Furche: Ich habe auch das Bild im Kopf, dass PVM dazu führt, dass die Beamten die Bürger nicht als Mehrbelastung, sondern als Dienstleistungsnehmer wahrnehmen. Geht es auch um diese Soft Facts?

Zettel: Ja. Jeder kennt die Situation: Die Motivation steigt, wenn man weiß, welchen Beitrag man selbst für ein Projekt leistet - bei Beamten geht es um die Wertschaffung für die Allgemeinheit.

Die Furche: Wie gehen Sie beim Kunden vor, wenn es heißt, PVM einzuführen?

Zettel: In der praktischen Umsetzung zählen die Kommunikation und die frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren. Die aktive Unterstützung durch die vorgesetzten/führenden Beamtenebenen ist sehr wichtig, aber auch die Gespräche mit allen Beteiligten - und zwar während des gesamten Veränderungsprozesses. Alle Betroffen müssen darüber informiert sein, welches Ziel verfolgt wird und was aktuell passiert. Die Mitarbeiter müssen ins Boot geholt werden. Das schafft Motivation und stärkt die persönliche Identifikation mit dem Projekt - das ist wie in der Privatwirtschaft.

Die Furche: Eigentlich ist es Change-Management …

Zettel: Wenn man PVM umsetzen will, hat man eine der größten Change-Management-Aufgaben vor sich.

Die Furche: Accenture hat das Thema sehr schnell aufgegriffen …

Zettel: Wir haben ein eigenes Forschungsinstitut - das Accenture Institute for Public Service Value - für den Bereich PVM und unterstützen Unternehmen und Organisationen im Wesentlichen auf zwei Arten: Für die Quantifizierung von PVM haben wir das Public-Service-Value-Modell, mit dessen Hilfe Organisationen ihren Wert messen und transparent nach außen darstellen können. Als zweites bieten wir Organisationen und Unternehmen an, sie bei der Umsetzung von PVM zu unterstützen. In der Stadt New York haben wir beispielsweise einen eigenen Behördenruf eingeführt. Unter der Telefonnummer 311 können alle Services der Stadtverwaltung abgefragt werden. Der Vorteil für die Bürger: ein einheitlichen Zugangskanal zur Verwaltung. Der Vorteil für die Verwaltung: Alle Anliegen der Bürger werden zentral gesammelt.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

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