Wäre das hier mein letzter Wille?

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Bei der ersten öffentlichen Sitzung der Enquete-Kommission "Würde am Ende des Lebens" herrschte weitgehend Einigkeit: Es braucht endlich ein ausreichendes Hospiz- und Palliativangebot - und mehr Vorsorge für das eigene Sterben.

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Bei der ersten öffentlichen Sitzung der Enquete-Kommission "Würde am Ende des Lebens" herrschte weitgehend Einigkeit: Es braucht endlich ein ausreichendes Hospiz- und Palliativangebot - und mehr Vorsorge für das eigene Sterben.

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Sterbehilfe" ist ein schwieriges Wort. Für Waltraud Klasnic, ehemalige steirische Landeshauptfrau und nunmehr Präsidentin des Dachverbands Hospiz Österreich, hat es sogar das Zeug zum "Unwort des Jahres". Unter diesem beschönigenden Begriff würden in den Niederlanden Demenzpatienten, psychisch Kranke und Kinder getötet - und in der Schweiz ein "Tod auf Bestellung" angeboten. Echte Hilfe und Unterstützung am Lebensende sieht für Klasnic völlig anders aus - nämlich so, wie es in Österreich in Hospizen und Palliativstationen gelebt wird. Doch entgegen der lautstarken Willensbekundungen der Politik gibt es bis heute kein ausreichendes, flächendeckendes und leistbares Betreuungsangebot - geschweige denn ein Recht darauf.

Der österreichweite Bedarf an Hospiz und Palliativeinrichtungen, wie er vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) in einem Stufenplan festgelegt wurde, ist bis heute nicht gedeckt: Nur bei den Palliativstationen in Krankenhäusern sind mit 307 Betten bereits 90 Prozent erreicht - was der Regelfinanzierung dieser Stationen durch das LKF-System zu verdanken ist. In anderen Bereichen sieht es anders aus: Der Bedarf an stationären Hospizbetten ist erst zu 51 Prozent gedeckt, jener an Tageshospizen zu 44 Prozent und jener an Palliativkonsiliardiensten, also an beratenden, multiprofessionellen Teams mit Erfahrungen in Schmerztherapie und psychosozialer Begleitung, gar erst zu 34 Prozent. Höchste Zeit für "kreative Finanzierungen", fordert Klasnic.

Spenden für Beinbehandlung?

Caritas-Präsident Michael Landau fordert noch mehr - nämlich ein Ende der Spendenabhängigkeit vieler Palliative Care-Leistungen und ihre Aufnahme in den medizinischen Leistungskatalog. "Es käme ja auch keiner auf die Idee, für die Versorgung eines Beinbruchs Spenden zu sammeln", betonte Landau im Plenarsaal des Parlaments.

Auch eine bessere Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte ist nötig. Harald Retschitzegger, Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft, fordert endlich eine eigene Facharztausbildung im Bereich Palliativmedizin sowie mehr Anstrengungen dafür, dass alle Mediziner Grundkompetenzen in der Betreuung und Begleitung sterbender Menschen erhalten. Wie die allermeisten Redner sprach sich Retschitzegger auch dafür aus, das Verbot von "Tötung auf Verlangen" sowie von "assistiertem Suizid" in der österreichischen Gesetzgebung beizubehalten: Statt einer "Ethik der Autonomie" brauche es am Lebensende vielmehr eine "Ethik der Achtsamkeit".

Noch mehr, nämlich eine verfassungsmäßige Absicherung dieser Verbote, fordert der katholische Moraltheologe Günter Virt, Mitglied der von der EU-Kommission eingesetzten European Group on Ethics. "Es geht um eine Absicherung gegenüber künftigen Generationen", erklärte er im Parlament.

Der Grat zwischen einem Recht zu Sterben und einer Pflicht zu Sterben sei eben schmal, wie sich in den Niederlanden und Belgien gerade zeige. Auch Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Fraktionsvorsitzender der Enquete-Kommission, warnt vor solchen Szenarien: "Jegliche Euthanasie-Gesetzgebung baut Druck auf behinderte Menschen auf: Sie müssen sich dafür rechtfertigen, am Leben zu sein und anderen zur Last zu fallen." Ein in der Verfassung verankertes Verbot der Tötung auf Verlangen sei deshalb unverzichtbar.

Nicht alle teilen diese Forderung. Michael Chalupka, Direktor der evangelischen Diakonie Österreich, plädiert sogar dafür, in schwierigen Einzelfällen einen "größeren Spielraum für Gewissensentscheidungen" zu lassen, wenn es um Beihilfe zum Suizid geht. Ein Rechtsanspruch, der sich an den Staat oder an Dritte richte, dürfe daraus allerdings nicht entstehen.

Über wieviel Autonomie soll der Mensch in seinem eigenen Sterbeprozess verfügen? Wie sehr sollen Ärzte verpflichtet sein, seinen letzten Willen zu respektieren? Das ist die eigentliche Gretchenfrage am Ende des Lebens. Wobei es schon jetzt zahlreiche Möglichkeiten gibt, festzulegen, wie weit therapeutische Behandlungen gehen - und wann sie enden -sollen. Laut Maria Kletecka-Pulker, Expertin für Patientensicherheit am Institut für Ethik und Recht in der Medizin sowie Mitglied der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, gebe es schon jetzt zahlreiche Möglichkeiten, dem eigenen Willen Gehör zu verschaffen. Nur würden sie die meisten Patienten -und allzu viele Ärzte -nicht kennen.

Es beginnt schon damit, dass jeder Patient eine medizinisch indizierte Maßnahme ablehnen kann, auch wenn sie lebensrettend wäre. "Dieses ,Recht auf Unvernunft' gilt uneingeschränkt", erklärt die Juristin Kletecka-Pulker. Menschen mit Muskellähmung, die nicht weiter beatmet werden wollten, könnten dies also einfordern - das Abdrehen der Beatmungsmaschine sei keine aktive Tötung, sondern nur ein Unterlassen.

Mangelware Vorsorgevollmacht

Dazu kommen die Instrumente der beachtlichen sowie verbindlichen Patientenverfügung sowie der Vorsorgevollmacht. Laut einer Evaluierungsstudie, die Kletecka-Pulker im Auftrag des Gesundheitsministeriums vorgenommen hat und deren Ergebnisse Anfang des kommenden Jahres vorliegen, verfügen aber nur rund vier Prozent der Bevölkerung über eine Patientenverfügung, gar nur zwei Prozent über eine Vorsorgevollmacht, bei der die Entscheidungsbefugnis über die gesundheitlichen Angelegenheiten an eine dritte Person abgetreten werden.

Gerade diese Möglichkeit wird nach Ansicht von Maria Kletecka-Pulker viel zu wenig genutzt. Schließlich hat ein Vorsorgebevollmächtigter auch das "Recht auf Unvernunft" und kann sterbensverlängernde Maßnahmen ablehnen - ein externer Sachwalter hingegen nicht. Umso mehr fordert sie, bürokratische Hürden bei der Errichtung von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen zu reduzieren, darunter etwa die Verpflichtung, verbindliche Patientenverfügungen alle fünf Jahre zu erneuern. Auch ein zentrales Register, in dem medizinisches Personal im Ernstfall rasch nachschlagen kann, sei hoch an der Zeit.

Ebenso wichtig ist es, die Vorstellungen von einem guten Leben -und Sterben -rechtzeitig zu kommunizieren. Einen solchen "Vorsorgedialog" will der Dachverband Hospiz künftig in Österreichs Alten-und Pflegeheimen institutionalisieren. In einem Gesprächsleitfaden soll nach Eintreffen eines Menschen gemeinsam mit Angehörigen und Pflegerinnen geklärt werden, was im Ernstfall getan - oder unterlassen - werden soll. Soll eine Magensonde gelegt werden? Soll die Person nach einem Herzstillstand mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht werden oder nicht mehr? Bisher herrschte in solchen Akutsituationen oft große Not. Etwas mehr Vorsorge wäre wohl "Sterbehilfe" im besten Sinn.

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