Es war eine dieser Diskussionsveranstaltungen, an denen man gerne teilnimmt, weil man dort das tun kann, wozu man sich aus Seele und Verstand berufen fühlt: über die Ökonomie und ihre Zukunft zu sprechen und nachzudenken. Auch diesmal war das interessant und befruchtend, vor allem, als gegen Ende der Veranstaltung ein Kollege meinte, ich sei doch naiv. Und ich antwortete darauf, dass ich - selbstverständlich naiv sei! Und dass ich mir diese Eigenschaft auch bewahren wolle, solange ich noch atmen kann. Denn das Naive bereitet auch das Feld für einen Großteil des Optimismus. Und ich brauche Optimismus, um beispielsweise nicht an der Politik meines Landes zu verzweifeln.
Spaß beiseite: Eigentlich habe ich mich damals gefragt, wer hier eigentlich naiv ist. Bin ich es etwa, der an die ausschließliche Rationalität des Menschen glaubt? Nein. Ich würde das sogar als naiv bezeichnen. Oder glaube ich daran, dass die Mathematik menschliches Verhalten auch nur annähernd darstellen kann? Nein. Auch das würde ich für naiv halten. Und sind unsere ökonomischen Voraussagen denn nicht erstens naiv und zweitens ziemlich gefährlich? Während wir nämlich vorgeben, das BIP-Wachstum für mehrere Jahre im Voraus zu wissen, wissen wir aufgrund ständiger Korrekturen nicht einmal, wie hoch das BIP vor zwei Jahren tatsächlich gewesen ist. Um nicht missverstanden zu werden: Ich habe nicht das Geringste gegen Mathematik. Aber wenn die Mathematik dazu benutzt wird, wirklich bizarre Konstrukte zu verschleiern, was soll man dann tun? Vielleicht einfach das, was Kinder tun würden, denen wir die größte Naivität zuschreiben. Nehmen wir an, man würde so einem Kind, das sich mit Fantasien wie Herr der Ringe auskennt, solche Berechnungen vorlegen. Ich weiß, was dieses Kind tun würde, naiv wie es ist: Herzhaft und lang anhaltend lachen.
Der Autor ist Professor für Ökonomie an der Karlsuniversität Prag