Es war ein Höhepunkt dieses Sommers: die Tage in einem Tiroler Bergdorf, in dessen Kirche wir - meine Frau und ich - uns vor genau 50 Jahren verlobt hatten. Jetzt waren unsere erwachsenen "Kinder" mitgekommen -und als wir abends ein paar Fest-Raketen steigen ließen, war rasch die Polizei zur Stelle.
Warum ich das erzähle: Weil sich inzwischen, am vergangenen Wochenende, das "7. Kardinal-König-Gespräch" im Pielachtal (Niederösterreich) jenem Thema widmete, das uns alle angeht: "Wie Leben geht - Familie, Ehe, Partnerschaft".
Und: Weil sich in wenigen Wochen auch die Bischofssynode der römischen Kirche mit der Zukunft der Familie befassen wird -und mit der zunehmenden Diskrepanz zwischen kirchlicher Lehre ("bis dass der Tod euch scheidet") und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Nirgendwo sonst hat die Kirche ja so sehr an Relevanz verloren, wie durch ihren Umgang mit Scheidung, Wiederverheiratung, Partnerschaften aller Art -und den versperrten Zugang zu den Sakramenten.
Groß waren im Pielachtal der Andrang und die Erwartung: Wo könnten "Aufbrüche" bevorstehen -und wo würden die zuletzt geweckten Hoffnungen gegen das nach katholischer Lehre gültige Familienbild prallen?
Unbestritten hat unter Papst Franziskus schon jetzt ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Statt Donnerworte von oben lernt die Kirche das Hinhören auf die Basis (siehe Fragebogen an alle Christen). Dazu auch ein neues Wahrnehmen der veränderten Realitäten: der steigenden Lebens- (und Ehe)dauer, der extremen Mobilität -und des tiefen Bedeutungswandels der Ehe (vom Hauptzweck, Nachkommen zu zeugen, hin zu gleichberechtigten, liebenden Partnerschaften).
Bodengewinn für Barmherzigkeit
Wie viel an Umdenken wird und kann der oft beschworene Heilige Geist jetzt den Bischöfen zugestehen? Niemand weiß es. Aber: Dass Verständnis und Barmherzigkeit einen enormen Bodengewinn verzeichnen, ist offenkundig.
Dann waren beim "Kardinal-König-Gespräch" auch heikle Fragen da: Offeriert die Kirche nicht für andere Lebenswenden (Erstkommunion, Firmung, Erwachsenentaufe) weit mehr an spiritueller Vorbereitung, als für den großen, lebensprägenden Schritt vom Ich zum Du? Wieso genügt vor der Hochzeit ein Wochenendseminar und ein Gespräch mit dem Pfarrer? Sind Priester für diese Aufgabe überhaupt genügend vorbereitet und glaubwürdige Ratgeber? Und: Wohin ist eigentlich die "Verlobung" als Zeit der Erprobung entschwunden, hinter der manche Kleriker nur einen verfrühten Freibrief für ausgelebte Sexualität befürchten? Müsste nicht gerade die Verlobung wieder entdeckt und geistigpsychologisch neu aufgeladen werden - der (weit über die Schar der Gläubigen hinausgehenden) Sehnsucht nach gelingender Partnerschaft zuliebe?
An diesem Abend habe ich mir gewünscht, das globale Abhören würde auch zwischen Rabenstein an der Pielach und dem Vatikan funktionieren.