Meerwasser

Wie Wiener Mittelschulkinder ihre Ferien verbringen

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Ferien - und nun? Das fragte eine Lehrerin die Schüler(innen) einer Wiener Mittelschule und kreierte ein Geschichten-Sammelsurium zu Identität, Sehnsüchten und der jugendlichen Vorstellung eines perfekten Sommers.

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Ferien - und nun? Das fragte eine Lehrerin die Schüler(innen) einer Wiener Mittelschule und kreierte ein Geschichten-Sammelsurium zu Identität, Sehnsüchten und der jugendlichen Vorstellung eines perfekten Sommers.

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"Wach bleiben, bis ich einschlafe, neue Sachen essen, ganz Wien umfahren, shoppen, Übernachtungsparty mit Freunden, Zeit mit Familie verbringen, Karaoke, schwimmen, lernen, Zimmer umstellen, lernen, mich besser zu schminken, malen“: So hat Sagal meine Frage nach den perfekten Ferien beantwortet. Medine hat den Anfang ihres Textes durchgestrichen.

„Bei mir ist es schöner dort, weil ich meine Tante, Onkel, Cousinen sehe“, das ist es, was sie schließlich geschrieben hat.

Meine Schule liegt am Stadtrand von Wien, die Kinder, die ich unterrichte, sind zwölf, dreizehn Jahre alt. Zwar können wir in wenigen Minuten an der Liesing sein und am Holunder schnuppern. Aber die meisten Kinder, das weiß ich aus den Handyvideos, die mir während des coronabedingten Lernens in Distanz geschickt wurden, leben in sehr kleinen Wohnungen. Während des Sommers tauschen viele ihre Existenz – ich staunte nicht schlecht, als ich erfuhr, dass ein Schüler, der seine Abneigung gegenüber allem formalen Wissen deutlich zu erkennen gibt, Traktor fahren kann. Gelernt hat er das am Bauernhof seiner Großeltern in Serbien. „Ich liebe die Sommerferien, weil ich immer in meine Heimat fahre“, schreibt Lena.

„Als gehörte ich dorthin“

Heimat, das nennen viele Kinder ein Land, das nicht Österreich ist. Ich schlucke manchmal bei dem Gedanken, dass manche im Herbst zurückkommen werden, ohne in den Sommermonaten auch nur ein deutsches Wort gesprochen zu haben (außer denen, die sie in der Familiensprache gar nicht kennen); auch das Wissen, dass manche Österreich nicht als Heimat betrachten, bereitet mir Sorge. Osman schreibt: „Immer wenn ich in Kirsehir bin, spüre ich etwas in mir, als gehörte ich dorthin“ (der Konjunktiv stammt von ihm, nicht von mir).

Zelal sieht die Sache im Plural: „Meine Heimat ist Wien und Türkei. Wien ist anders als Türkei, z. B. es gibt kein Meer.“ Überhaupt kommt das Meer oft vor. Bei Nusseibeh liest sich das fast komödiantisch: „Ich LIEBE das Meer! Wir sind fast ertrunken mit wir meine ich Mutter, Aisha, Asma, ich, Bruder. War sehr gefährlich und spaßig!“

Bei Eren hingegen bekommt es eine poetische Dimension: „Ich war in einem Schiff und ich konnte die Fische sehen, das blaue Meer, das das Sonnenlicht reflektiert, einfach himmlisch. Ich hatte mich noch nie so nah zum Meer gefühlt.“ Somit relativiert sich auch die Frage nach Heimat; als wirklich einschneidend zeigt sich die Nähe zu Freunden und Familie. Farahnaz schreibt: „Mir ist es auch egal, wo ich in meinen Ferien bin. Hauptsache mit meiner Familie Zeit verbringen und es soll mir Spaß machen. Ich wünsche mir schon mal nach Iran zu gehen, weil meine Oma und Opa dort sind, die ich seit Jahren nicht gesehen habe. Aber meine Eltern haben keine Zeit.“

Maria, die erst seit kurzem Deutsch lernt, schreibt: „Letztes Jahr war ich in Österreich und hatte sehr viel Spaß.“ Sara B. schreibt, dass manchmal Verwandte nach Wien kommen „und wir sehen hier die Besonderheiten“. Vielleicht verkopfen wir einheimischen Bildungsbürger(innen) uns einfach zu sehr? Osman trifft wohl den Nagel auf den Kopf: „Was mir an den Sommerferien sehr gut gefällt, ich bin frei und bin bei meiner Oma und Tanten.“

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