806.000 wurden mobilisiert. Was jetzt?

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Die ÖGB-Urabstimmung hat entgegen verständlicher, weitreichenden Deutungen durch die ÖGB-Führung in Wahrheit nur eine Erkenntnis gebracht: Der ÖGB hat bewiesen, dass er auch unter ungünstigen Voraussetzungen - durch Heldentaten einiger Postgewerkschafter hervorgerufen - (noch) seine Mitglieder mobilisieren kann. Die Beteiligung von 806.000 Mitgliedern, das sind 56,5%, ist herzeigbar, ist aber auch schon die einzige Botschaft. Denn dass von jenen, die sich beteiligten, eine überwältigende Mehrheit (zwischen 88 und 97%) die sieben gestellten Fragen mit "ja" beantwortete, kann angesichts der Fragestellung weder überraschen noch als Bestätigung der Gewerkschaftslinie insgesamt oder einzelner Personen verstanden werden.

Das gilt meiner Meinung nach auch für die Frage, ob der ÖGB zur Durchsetzung seiner Forderungen notfalls gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ergreifen soll. Die Betonung liegt auf "notfalls", und "notfalls" darf ein Polizist bekanntlich auch seine Waffe einsetzen. Eher müsste man sich fragen, welches Verständnis von Gewerkschaft jene 7% haben, die auf obige Frage mit "nein" antworteten. Schwer verständlich auch, dass 2,4% gegen eine Bildungsoffensive sind.

Für ÖBG-Präsident Fritz Verzetnitsch, der die Urabstimmung sehr stark als Bestätigung seiner Person (miss)deutet, könnte die Sache sehr schnell zum Problem werden. Im Überschwang der Gefühle hat er unmittelbar nach Vorliegen der Ergebnisse in Briefen an Wolfgang Schüssel, Susanne Riess-Passer, Christoph Leitl "raschest" Verhandlungen über eine zukunftsorientierte, sozialgerechte und demokratische Wirtschafts- und Sozialpolitik "im Lichte der Ergebnisse der ÖGB-Urabstimmung" gefordert, auf die er innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Antwort erwarte. Die Antwort auf diese rhetorische Übung kann er sich natürlich selbst und schon heute geben. Die Regierung wird das zusagen, was sie ohnehin nicht wollte (Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung), aber keines der angefeindeten Gesetze (z. B. den Hauptverband betreffend) zurücknehmen. Was aber tut Fritz Verzetnitsch, wenn er das in zwei Wochen auch schwarz auf weiß vor sich liegen hat?

Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.

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