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Um Weihnachten soll das erste Klonbaby zur Welt kommen. Die internationale Staatengemeinschaft ist empört - und zeigt sich hilflos. Erst jüngst scheiterte ein UNO-Vorstoß, reproduktives Klonen weltweit zu verbieten. Nun sucht man die Schuldigen an dieser Panne.

Das bange Warten auf die Geburt des Kindes dauert an. Wo genau es das Licht der Welt erblicken soll, lassen seine Schöpfer im Dunkeln. Doch dass mit seiner Ankunft - passenderweise rund um Weihnachten - zu rechnen sein wird, daran halten die selbst ernannten Propheten der "genetischen Revolution" unverbrüchlich fest.

Im Übrigen spielen sie mit der ebenso entsetzten wie gespannten Weltöffentlichkeit Katz und Maus: Bereits am 7. August 2001 hatte das Triumvirat, bestehend aus dem römischen Reproduktionsmediziner Severino Antinori, seinem aus Zypern stammenden, in den USA tätigen Kollegen Zavos Panayiotis und der Französin Brigitte Boisselier, die Medien von ihren Klonierungsplänen in Kenntnis gesetzt. Diese drei, hieß es bald in der Weltpresse, hätten den ungeheuren Anspruch, "Gott spielen zu wollen."

Belgrader Offenbarungseid

Mit umso größerer Leidenschaft setzten sie ihr makabres Spiel fort. Am 3. April dieses Jahres verkündete Antinori, eine Frau sei mit einem Klon bereits "in der achten Woche schwanger". Ende November verriet er schließlich in Rom, dass es in den ersten Tagen des Jahres 2003 endgültig zur (etwas verspäteten) Niederkunft kommen soll. "Natürlich" werde mit einem Buben zu rechnen sein. Weitere Details wurden sukzessive gelüftet: Erst kürzlich verriet Antinori Belgrad als Ort des Geschehens. Zudem würde es sich bei dem Menschen-Geschöpf um den Sohn eines Arabers handeln. Zur Sicherheit werde das Kind aber erst in zwei Jahren vorgestellt, meinte er gegenüber der deutschen Zeit, wären die Eltern doch "in diesem Klima von Hass auf alles, was mit Klonen zu tun hat, (...) einem immensen Druck ausgesetzt".

Unter Druck wähnen sich offenbar auch Antinoris Kollegen: So hat Brigitte Boisselier, die das "Clonaid"-Labor der UFO-gläubigen Raelianer-Sekte leitet, noch vor Weihnachten die Geburt des ersten Klonbabys - eines Mädchens - angekündigt.

Die internationale Staatengemeinschaft sah dem skrupellosen Treiben des Trios bislang empört, aber weitgehend hilflos zu. Zwar verfügt man mittlerweile über einige Dokumente, die das reproduktive Klonen von Menschen dezidiert ächten - etwa die UNESCO-Deklaration von 1997 über das menschliche Genom und die Menschenrechte, die 2000 proklamierte Grundrechts-Charta der EU sowie das im März 2001 in Kraft getretene Zusatzprotokoll zur Biomedizin-Konvention des Europarates (das, wie auch die Konvention selbst, bislang von Österreich nicht unterzeichnet wurde). Auf ein mondiales Verbot reproduktiven Klonens wartet man jedoch bis heute vergebens.

Erst Anfang November ist der Versuch, diese Manipulationstechnik am Menschen auf UN-Ebene zu verbieten, gescheitert. Seit Juni 2001 hatte sich die Vollversammlung der Vereinten Nationen mit einer UN-Konvention gegen das Klonen von Menschen befasst. Mit ihr sollte Front gemacht werden gegen "Klon-Eldorados" wie Singapur, Malaysia und China - zumal in Zeiten angekündigter Klongeburten. Wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und dem Vatikan auf der einen sowie Deutschland und Frankreich auf der anderen Seite musste der Beschluss über die Konvention jedoch auf Ende September 2003 vertagt werden: Während die deutschen und französischen Vertreter vorerst nur für ein Verbot reproduktiven Klonens eintraten und das so genannte "therapeutische" Klonen separat verhandeln wollten, forderten die USA in ihrem Resolutionsentwurf ein Verbot des Klonens jeglicher menschlicher Zellen.

Das Scheitern der UN-Konvention sorgte bei den Experten - auch hierzulande - für böses Blut: So warnte Ulrich Körtner, evangelischer Theologe an der Universität Wien und Mitglied der Bioethik-Kommission des Bundeskanzlers, in einem Presse-Gastkommentar davor, dass die "Prinzipien einer ,Kultur des Lebens' (Johannes Paul II.)... durch bioethischen Rigorismus zu Tode geritten" werden könnten. Im Gespräch mit der Furche bekräftigt Körtner seine Kritik: "Der Vatikan ist ein Völkerrechtssubjekt mit eigener Souveränität - und damit ein Global Player, der sein Handeln nach den politischen Folgen bemessen muss." Nachdem mit einem umfassenden Klonverbot auch Staaten wie Großbritannien an den Pranger gestellt worden wären, wo therapeutisches Klonen gesetzlich erlaubt wurde, sei die strenge Gangart von USA und Vatikan von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen - und habe damit auch das nötige Verbot reproduktiven Klonens gekippt. "Damit möchte ich keineswegs für das so genannte therapeutische Klonen eine Lanze brechen", stellt Körtner klar, "sondern eine verantwortungsethische Betrachtungsweise einfordern." Natürlich sei ein Völkerrechtsdokument auf nationaler Ebene auch noch kein wirksames Verbot, erklärt der Theologe, aber ein wichtiges Signal. "Ich will es nicht darauf ankommen lassen, ob Leute wie Antinori Scharlatane sind oder nicht."

Ganz anders kommentiert der katholische Moraltheologe Günter Virt, ebenfalls Mitglied der Bioethik-Kommission, die Haltung des Vatikan: "Man kann reproduktives und therapeutisches Klonen nicht voneinander trennen", erklärt er im Furche-Gespräch. "Alles andere ist blauäugig." Bei beiden Techniken handle es sich um eine Totalinstrumentalisierung menschlichen Lebens, stellt Virt klar: "Wenn man menschliche Klone durch Zelltransfer herstellt, hat man es mit beginnendem Menschenleben zu tun - nur wird dieser Embryo beim reproduktiven Klonen implantiert und beim therapeutischen Klonen vernichtet." So gesehen stehe das "therapeutische" Klonen sogar in einem "noch fundamentaleren Widerspruch zur Menschenwürde". Im Übrigen sei schon die Bezeichnung dieser Technik ein Täuschungsmanöver, mahnt Virt: "Es ist weit und breit keine Therapie in Sicht, sondern dahinter steht reines Forschungsinteresse".

Klone am laufenden Band

Auch der Vorsitzende der Bioethik-Kommission, der Wiener Gynäkologe und promovierte (katholische) Theologe Johannes Huber, verteidigt die Gangart des Vatikan: "Man muss ihm zugute halten, dass er eine umfassendere Regelung will. Dass er damit möglicherweise adhoc die Entwicklung einer Empfehlung verhindert, die aber ihrerseits nicht verhindern kann, dass derzeit Menschen am laufenden Band geklont werden, liegt auf der Hand." Severino Antinori selbst möchte Huber keineswegs als "Narr abqualifizieren": "Antinori ist ein hervorragender Reproduktionsmediziner. Ich habe Angst, dass es stimmt, was er sagt."

Um zumindest Österreich vor den Umtrieben des römischen Menschenmachers zu schützen, sei schon in der Jänner-Sitzung der Bioethik-Kommission eine Erklärung zum reproduktiven Klonen geplant.

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