Amoixquic - © Foto: Julia Cajas

Aktion Familienfasttag: Hilfe für Frauen in Guatemala

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Indigene Frauen in Guatemala versuchen, sich in einer patriarchalen Gesellschaft zu behaupten. Die von der Aktion Familienfasttag unterstützte Organisation „Amoixquic“ stärkt sie dabei.

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Indigene Frauen in Guatemala versuchen, sich in einer patriarchalen Gesellschaft zu behaupten. Die von der Aktion Familienfasttag unterstützte Organisation „Amoixquic“ stärkt sie dabei.

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Es ist 8 Uhr morgens in einem kleinen Büro in Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt Guatemalas. Julia Cajas Lima bereitet sich um diese Zeit üblicherweise auf ihren Arbeitstag vor. Sparverhalten, Frauenrechte und Agrarökologie stehen auf dem Programm. Dann macht sie sich auf den Weg – mit dem Bus ins zwei Stunden entfernte Sololá. Cajas Lima ist Projektleiterin der ­Organisation „Amoixquic“, die indigenen Frauen zu einem selbstbestimmteren Leben verhelfen will. In regelmäßigen Gruppentreffen wird den Maya-Frauen auf Basis ihrer Bedürfnisse vermittelt, wie sie sich gegen häusliche Gewalt stark machen können, welche Rechte sie haben und wie sie unabhängig von ihren Männern ihre Anbauflächen bewirtschaften können. 36 Jahre Bürgerkrieg (1960 bis 1996) haben ihre Spuren hinterlassen.

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Eine der Folgen ist die stark patriarchale Prägung der Gesellschaft. „Als Frauen, in Armut und noch dazu aus der indigenen Bevölkerung erleben wir eine dreifache Diskriminierung“, erklärt Cajas Lima im Online-Gespräch mit der FURCHE. Die Inhalte, die sie den Frauen vermitteln will, haben in Zeiten der Pandemie zusätzlich an Bedeutung gewonnen, schließlich wurden die traditionellen Rollenbilder dadurch weiter verfestigt.

Mikro-Kredite geben Selbstvertrauen

Im westlichen Hochland Guatemalas hingegen haben die Frauen, die von Cajas Lima – selbst eine Maya-Indigene – betreut werden, bereits eigene Sparvereine gegründet. Herkömmliche Bankensysteme sind für sie nicht zugänglich. „Sie haben früher auch gespart, aber anders“, erklärt Cajas Lima. Früher seien Bohnen oder Hühner gespart worden, jetzt werden aber neue Möglichkeiten aufgezeigt. Die Vereine basieren auf der Idee der Mikro-Kredite, wie man sie etwa aus Bangladesh kennt. Zwar geben sich die Maya-Frauen in Guatemala noch keine Kredite, das Vermehren kleiner Mengen an Geld über einen Zeitraum von rund zehn Monaten gibt ihnen aber Selbstvertrauen, erklärt Cajas Lima. Im Dezember werden die gesparten Beträge ausgezahlt, das sei ein Ansporn im nächsten Jahr noch mehr zu sparen. „Wir haben den Frauen gesagt, gebt euren Sparvorhaben Namen“, erzählt Cajas Lima. Das nutzen nun viele, um Geld für die Ausbildung ihrer Kinder zur Seite zu legen.

Unverheiratete Mädchen werden sensibilisiert, Gewalt in der Beziehung nicht länger hinzunehmen. Und auch finanziell wollen die Frauen Unabhängigkeit erreichen.

Gerade für ihren Nachwuchs wollen die Projektteilnehmerinnen neue Wege ­gehen. So werden beispielsweise ­unverheiratete Mädchen dafür sensibilisiert, Gewalt in der Beziehung zu ihren Verlobten zu erkennen und sie nicht länger hinzunehmen. Unabhängigkeit wollen die von Cajas Lima betreuten Frauen auch in finanziellen Angelegenheiten erreichen. Damit das gelingt, verkaufen sie selbst hergestellte Produkte. Basis ist eine agrarökologische Landwirtschaft, mittels derer die kleinstrukturierten bäuerlichen Betriebe gefördert werden sollen. Die Grundidee dahinter ist die Ernährungssouveränität, die weiter geht als nur Ernährungssicherheit zu leisten. Es geht vielmehr darum, selbst über die eigene Ernährung zu bestimmen.

Die große Last in der familiären Versorgung wird seit jeher von den Frauen getragen. Die bewaffneten Konflikte des 20. Jahrhunderts haben allerdings dazu geführt, dass Maya-Frauen ihr Wissen kaum an die nächsten Generationen weitergeben konnten. Dazu beigetragen hat einerseits die Vertreibung aus angestammten Gebieten und die Ansiedelung an fremden Orten. Dort gab es aber andere klimatische Bedingungen. Bekannte Pflanzen wuchsen nicht mehr wie gewohnt. „Andererseits wurde uns auch beigebracht, dass alles, was von außen kommt, besser ist“, sagt Cajas Lima. Jetzt setzt sich die Projektleiterin für ein Umdenken ein.

„Amoixquic“ unterstützt deshalb die Anlage eigener Nutzgärten und die Verwendung von nicht genmanipuliertem Bio-Saatgut, das von den Frauen selbst vermehrt werden kann. Dadurch werden die Pflanzen allgemein resilienter, was langfristig den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden beenden soll. Umgesetzt wird zudem der Anbau von heimischen Heilpflanzen zur Prävention von Krankheiten. Die Frauen lernen so nicht nur unabhängig von ihren Männern zu wirtschaften, sondern sie entdecken zudem alte Gemüsesorten, vielfältige Anbaumöglichkeiten und die Wirksamkeit von Heilpflanzen. Dadurch wird einerseits eine ausgewogene Ernährung sichergestellt, andererseits die Unabhängigkeit von Agrarkonzernen und Autoritäten.

Ernährungssystem hinterfragen

„Amoixquic“ steht beispielhaft für die von der Katholischen Frauenbewegung Österreich (KFBÖ) unterstützten Projekte im globalen Süden. Im Rahmen der jährlichen Aktion Familienfasttag wird der Schwerpunkt heuer – wie schon im Vorjahr – auf Ernährungssouveränität gelegt. Dieser Fokus soll dazu einladen, das globale Ernährungssystem zu hinterfragen und Wege abseits der Ausbeutung zu suchen. Wie wichtig eine unabhängige Versorgung ist, hat gerade die Pandemie eindrücklich gezeigt. Nachdem es aufgrund der Corona-Maßnahmen heuer keine gewohnten Spendenmöglichkeiten durch Fastensuppen-­Aktionen gibt, rufen die Mitglieder der KFBÖ zu kreativen Lösungen auf – etwa in Form von Suppen im Glas zum Mitnehmen.

Online wurde zudem eine ­Mitmachaktion gestartet, um den Spendenausfall abzufangen. Man wolle die Verantwortung für die Projektpartner(innen) im globalen Süden trotz aller Widrigkeiten wahrnehmen, betont KFBÖ-Generalsekretärin Maria Langmaier.

Auch im Falle von „Amoixquic“ habe die Pandemie dafür gesorgt, dass Pläne angepasst werden mussten, sagt KFBÖ-Projektreferent Matthias Fichtenbauer. So konnten beispielsweise Fortbildungen in den Gemeinden mehrere Monate lang nicht stattfinden. Andererseits, so Cajas Lima, sind im ganzen Land die Fälle häuslicher Gewalt deutlich angestiegen, die Regierung hat zudem auch das Geld für Institutionen zum Schutz von Frauen gekürzt, um die Mittel in die Pandemiebekämpfung fließen zu lassen. Umso wichtiger sei die weitere Unterstützung von „Amoixquic“, so Fichten­bauer und Cajas Lima. Es sei schließlich auch klar geworden, dass die bereits unterstützten Frauen die Krise leichter durchstehen können, weil sich durch die Selbstversorgung neue Möglichkeiten eröffnen. Man sei etwa nicht abhängig davon, die eigenen Produkte auf einem Markt anzubieten, sondern könne sie in der eigenen Gemeinde verkaufen, erklärt Cajas Lima.

Sie selbst sitzt üblicherweise nach einem langen Arbeitstag und erneuter zweistündiger Busfahrt gegen 19 Uhr wieder in ihrem Büro, wie sie erzählt. Und mit den Gedanken ist sie meist schon bei den Projekten für die nächsten Tage – damit Guatemalas Maya-Frauen weiter den Weg in ein selbstbestimmteres Leben gehen können.

Fakt

Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung Österreichs
Spendenkonto: IBAN AT83 2011 1800 8086 0000.

Die Spende ist steuerlich absetzbar. Weitere Infos unter www.teilen.at

HINWEIS: Am Samstag, 27. Februar, gibt es von 11 bis 15 Uhr „Suppe to go“ im „franzundjulius“ (Café neben der Buchhandlung „Buchkontor“), Kriemhildplatz 1, 1150 Wien – eine Kooperation zwischen Aktion Familienfasttag und der Cafébetreiberin sowie Buchhändlerin Ulla Harms.

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