"Als ob sie meine eigenen wären..."/Professionelle Pflegeeltern gesucht

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Um die Betreuung eines Pflegekindes auf eine professionelle Basis zu stellen, rief der Verein "Initiative Pflegefamilie" das Projekt "Mama. Papa. Gesucht. Gefunden" ins Leben. Dabei hat ein Pflegeelternteil die Möglichkeit, von der Gemeinde angestellt zu werden. Zu den bisher üblichen Unterhaltszahlungen (von rund 4.500 Schilling) für das Pflegekind wird ein Gehalt zwischen 3.800 und 6.800 Schilling netto pro Kind bezahlt. Der Pflegeelternteil ist somit auch sozial abgesichert. Das Dienstverhältnis wird zwischen 20 und 40 Stunden bemessen. Für eine Anstellung verpflichtend ist eine zweisemestrige Ausbildung, sowie regelmäßige Teilnahme an Fallbesprechungen, Supervisionen und kontinuierliche Berichte an die Behörden.

Zur Zeit ist der unbefristete Pilotversuch auf Wien, Niederösterreich und die Steiermark begrenzt. Insgesamt beschäftigt der Verein derzeit 14 professionelle Pflegeeltern. "Leider konnten wir unser Ziel, nämlich 20 Angestellte bis Ende 1997, nicht verwirklichen", bedauert Lutter. "Die Gemeinde Wien hat nicht, wie zugesagt, ihr Budget verdoppelt." Diese Vorgangsweise ist für Lutter nicht ganz einsichtig, denn: "Wenn ein Kind in einer Wohngemeinschaft oder in einem Heim untergebracht wird, sind die Kosten um ein vielfaches teurer. Außerdem ist man sich darüber glücklicherweise einig, daß Kinder Familien oder familienähnliche Bezugspersonen existentiell brauchen. Kinder brauchen nicht Heime, sondern verläßliche Beziehungen."

Allein in Wien sind derzeit rund 1.400 Kinder in Heimen und rund 1.600 bei - nicht angestellten - Pflegeeltern untergebracht. Das soll sich, hofft Lutter, in Zukunft ändern. "Fernziel wäre, daß alle Pflegeeltern die Möglichkeit einer Anstellung bekommen. Oberösterreich kommt als nächstes Land dazu und da soll dieses Konzept realisiert werden. Auch hoffen wir, daß wir durch die EU Rückenwind bekommen, denn unser Modell stößt international auf hohe Akzeptanz und großes Interesse."

Auch Eva Amec ist vom Verein "Initiative Pflegefamilie" angestellt worden. "Mir ist es wichtig, daß ich angestellt bin. Dadurch ist meine Arbeit als solches anerkannt. Es gibt aber Menschen, die meinen, das tut man nur aus Liebe, da darf man nichts dafür verlangen. Es hat mich sogar schon einmal jemand gefragt, ob ich mich nicht schämen würde, dafür Geld anzunehmen. Liebe sei unbezahlbar. Ich habe natürlich sehr viel Freude und Spaß dabei, aber es ist auch anstrengend und nervenaufreibend. Ich muß für die Kinder Tag und Nacht da sein. Das ist eine Arbeit, die sehr wichtig ist, weil diese Kinder die Chance bekommen, zu erleben, was eine Familien alles bieten kann."

"Leider", weiß auch Lutter, "ist es ein unausrottbares Klischee, daß man nur großherzig sein muß, um für diese ,armen Kinder' sorgen zu können. Liebe alleine genügt aber nicht. Das ist zwar eine unverzichtbare Voraussetzung, greift aber zu kurz. Ersatzeltern müssen die Elternrolle mit pädagogischen Erzieherqualitäten kombinieren. Wissen Eltern nicht, was für Probleme diese Kinder mitbekommen haben, können sie auch nicht auf erste Signale reagieren und kommen in der Regel nicht oder nicht genügend mit dem Pflegekindes zurecht. Im Heim delegiert man die Verantwortung ja schließlich auch nur an geschulte Betreuer." M. K.

Nähere Auskünfte zum Projekt gibt der Verein VIP unter der Wiener Telefonnummer: 368 71 91.

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