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Das Monströse spielte sich diesmal nicht ganz woanders ab. Es ereignete sich mitten in Wien, in nächster Nähe - an einem Ort, den man vom Vorbeifahren zu kennen glaubt. Ein siebenjähriges Mädchen wurde im Dittes-Hof in Wien-Heiligenstadt ermordet, ihr Leichnam wurde von der Müllabfuhr entdeckt.

Die Meldung stand überall zu lesen, einen Tag vor dem Muttertag. Was ist passiert? Wer ist der Täter? Hat das Motiv mit der Familie zu tun oder könnte es jeden treffen? All das wusste man noch nicht. Da war nur blankes Entsetzen - und der Vorsatz, den Kindern nichts davon zu erzählen. Was sollte das auch bringen als diese diffuse, monströse, schlafraubende Angst?

Einen Tag später kamen dann die ersten Fragen anderer Eltern: Habt Ihr Euren Kindern davon erzählt? Sollte man sie nicht wappnen, weil in der Schule ohnehin darüber gesprochen wird? "Als Eltern ist es unsere Aufgabe, unsere Kinder zu beschützen und ihnen zu erklären, dass es auch böse Menschen gibt", meinte eine Mutter. "Ich lasse meine Kinder nicht unbeaufsichtigt draußen spielen. Meine Augen sind vorne, hinten, rechts, links, überall." Das machte mir gleich noch mehr Angst - Angst vor den Folgen dieser Angst für die Freiheit und Unbekümmertheit der Kinder. Wie weit darf Sorge reichen? Und wann schlägt sie in Paranoia um?

Am Montag nach der Schule habe ich gefragt, ob etwas Besonderes vorgefallen sei. Nichts, meinten die Buben. Später habe ich erfahren, dass der Mord sehrwohl besprochen wurde. Wir redeten also über das, was ihnen auf der Zunge lag: wie es sein kann, dass Menschen töten; und ob die Polizei uns alle davor beschützen kann. Ich konnte es ihnen nicht garantieren. Ich konnte nur sagen, dass sie hier und heute aufgehoben sind -und mit ihnen beten, dass alles gut werden wird: für das tote Mädchen; für seine Familie; und für den Täter, der kein Monster ist, sondern immer noch ein Mensch.

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