Anteilnahme besteht im Handeln

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Das Schicksal von Diane Pretty konnte niemanden unberührt lassen. Unheilbar krank, wusste sie, dass ihr ein qualvoller Tod durch Ersticken bevor stand. Sie selbst war nicht in der Lage, diesem Ende zuvor zu kommen. Der Staat aber verbat ihrem Mann, ihren Wunsch zu erfüllen und ihr zu helfen. Das tragische Ende ist bekannt.

Würde man ein derartiges Los für die Argumentation in der Diskussion um Sterbehilfe konstruieren, es gäbe viele, die es für unwahrscheinlich hielten und meinten, dass man dann eben noch einmal nachdenken müsste. Nun ist es passiert. Wer aber denkt noch einmal nach?

In Belgien wurde dieser Tage als zweitem Land der EU ein Gesetz über die Straffreiheit der aktiven Sterbehilfe verabschiedet. Man hat es sich dabei ebensowenig leicht gemacht wie zuvor in Holland. Hier wie dort ist man sich des gefährlichen Grads bewusst, der mit diesen Bestimmungen beschritten wird, aber man hat entschieden, einen zentralen Wert des Menschen zu schützen: sein Selbstbestimmungsrecht.

Selten war es so spürbar wie beim Leben von Diane Pretty, dass auch die Würde eine Frage der Selbstbestimmung ist. Es scheint mir zynisch, sie für die Würde, mit der sie ihr Leben und damit auch ihren Tod ertragen hat, zu bewundern, denn sie hat es anders gewollt. Nicht nur der Schmerz war Ursache für ihren Wunsch nach Sterbehilfe, sondern damit verbunden auch ihre Vorstellung von Würde.

Ich kann verstehen, dass man aus Gründen des Glaubens Sterbehilfe ablehnt. Es gibt ja auch Vertreter der Katholischen Kirche, die bis heute nicht bereit sind, Menschen, die sich selbst das Leben genommen haben, kirchlich zu beerdigen. Nicht akzeptieren kann ich jedoch, wenn der Staat sein Maß an religiösen Vorstellungen nimmt. Vor Jahren war daher der "Selbstmord" strafbar, was beim missglückten Versuch auch tatsächlich zum Tragen kam. Diese Zeit ist überwunden. Aktive Sterbehilfe aber ist ein Tabu geblieben. Das Leben und Ende Diane Prettys sollte auf politischer Ebene mehr bewirken als Anteilnahme.

Heide Schmidt ist Vorsitzende des "Instituts für eine offene Gesellschaft".

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