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AUFWÄRTS, ABWÄRTS

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Ueber dem Berg wären wir ja, hieß es vor kurzem in diesen Spalten in der Glosse über infc yp?ersuchung des Oesterreichischen ßtqti-,. stischen Zentralamtes zur Bewegung, der„ Ehescheidungen 1946 bis 1957. Ueber dtfn'Berg ja, aber wie geht’s weiter?

Da nunmehr aus der gleichen Quelle die österreichischen Zahlen für 1958 vorliegen, stutzen wir: Es geht schon wieder „aufwärts“ mit den Scheidungen, das heißt abwärts mit uns. Der Zuwachs um 61 auf 8238 ist nicht groß, unterbricht aber doch eindeutig die seit 1949 rückläufige Tendenz.

Wie immer halten die Spitze die Gemeinden, also Städte mit über 100.000 Einwohnern, knapp gefolgt von denen mit 50.000 bis 100.000. Industriegebiete begünstigen das Scheidungsklima: 38 Prozent der geschiedenen Männer waren in Industrie und Gewerbe tätig, 27 Prozent in Handel und Verkehr (hier am häufigsten Kraftfahrer, Vertreter und Kellner); nur 4 Prozent in Landwirtschaft und 3 Prozent in freien Berufen. Von den unselbständig erwerbstätigen Männern waren 64 Prozent Arbeiter, 36 Prozent

Angestellte. Der Anteil der geschiedenen Frauen die einen Beruf ausübten, beträgt 56 Prozent (in Wien 70 Prozent!). Die Schuld sprach das Gericht in 60 Prozent den Männern, nur in 12 Prozent den Frauen und in 28 Prozent beiden Partnern zu. Das durchschnittliche Scheidungsalter der Männer liegt bei 38 Jahren, der Frauen bei 35 Jahren. Kinderlose Ehen wurden 41 Prozent geschieden, Ehen mit einem Kind 34 Prozent, mit zwei Kindern 16 Prozent, mit drei Kindern 5 Prozent, mit vier Kindern 4 Prozent, mit fünf und mehr Kindern 4 Prozent.

Bestürzend ist die durchschnittliche Dauer dieser geschiedenen Ehen: sie beträgt nicht mehr als neuneinhalb Jahre! Darunter hatten gleich elf Ehen nur ganze zwei Monate, eine einzige hinwiederum 58 Jahre gedauert — welche dieser Zahlen ist wohl die traurigere?

Man weiß es nicht. Man weiß nur sicher, daß wieder einmal 8029 Kinder im Jahre 1958 durch die Scheidung ihrer Eltern zu „Scheidungswaisen“ — ein entsetzlicher Terminus! — wurden. Rücksichtslos sind die wirklichen, vergrößerten oder nur eingebildeten Konflikte der Eltern wie Panzer über das Glück und die Geborgenheit dieser Kinder hinweggerollt. Und ein beträchtlicher Teil von ihnen dürfte in späteren Jahren, dem trüben Vorbild ihrer Jugend folgend, die obigen Zahlen bereichern: geschiedene Kinder von Geschiedenen …

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