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Ausländer bleiben Nettozahler

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In West-Europa zählt Österreich in West-Europa zu den Staaten mit der stärksten sozialrechtlichen Diskriminierung von Ausländern, befindet Rainer Bauböck, Politikwissenschaftler am Institut für Höhere Studien (IHS). Er fordert soziale Gerechtigkeit für die gesamte Wohnbevölkerung.

Beim untersten sozialen Netz, der Sozialhilfe, werden Ausländer in einigen Bundesländern explizit ausgenommen, in anderen indirekt damit bedroht, daß sie die Aufenthaltsberechtigung verlieren, wenn sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Bauböck dazu: „Wenn man sagt, daß die Sozialhilfe in erster Linie bedarfsorientiert erfolgt - was ja auch geprüft wird —, dann ist ein Ausländer-Ausschluß nicht zu rechtfertigen.“ Auch auf Wohn- und Mietbeihilfe besteht in einigen Bundesländern kein Rechtsanspruch für ausländische Mitbürger, in Wien ist zudem der Zugang zum kommunalen Wohnbau an die österreichische Staatsbürgerschaft geknüpft. Obwohl die Wohnbauförderung von allen Erwerbstätigen zweckgebunden über Lohn- und Einkommenssteuer finanziert wird, erhalten in der Bundeshauptstadt im wesentlichen nur Inländer und Konventionsflüchtlinge geförderte Darlehen. Ungleichbehandlungsparagraphen, die Gettobildung fördern.

Beihilfen aus dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) erhalten Fremde, die legal in Österreich arbeiten und via Steuern den FLAF mitfinanzieren, erst nach bestimmter Aufenthalts- bzw. Beschäftigungsdauer. Bei der Geburtenbeihilfe wird fremdländischen Paaren eine dreijährige Wartezeit auferlegt. Kündigt sich nach kürzerem Aufenthalt ein Kind an, scheint eine Konfliktschwangerschaft vorprogrammiert.

Das oberste Sozialnetz, die Arbeitslosenversicherung, wird von allen legal Beschäftigten gemeinsam gestrickt. Laut Arbeiterkammer zahlen die sogenannten Gastarbeiter mehr in diesen Topf ein, als sie daraus an Unterstützungen zurückerhalten: Etwa 1992 um 840 Millionen Schilling mehr.

Mit den Überschüssen aus den Ausländer-Beiträgen könnte die sozialrechtliche Gleichstellung und damit die soziale Absicherung der gesamten Wohnbevölkerung — unabhängig von der Staatsbürgerschaft - finanziert werden. „Daß man sie rechtlich gleichstellen sollte, ist meiner Meinung nach aber nicht von diesem Überschuß abhängig“, meint Bauböck.

Sozialleistungen seien jedenfalls „nicht der hauptsächliche Faktor“ für Zuwanderung, räumt der Migrationsforscher mit Mythen auf. So bestehe zwischen den Sozialleistungen der einzelnen EU-Staaten ein enormes Gefälle - „Trotzdem ist Sizilien nicht entvölkert.“

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