Ausländer unerwünscht

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Auf dem Arbeitsmarkt sind Fachkräfte und wenig qualifizierte Menschen gefragt. Der Bedarf allein reicht aber nicht für eine Arbeitserlaubnis. Am Beispiel eines binationalen Ehepaares wird der Spießrutenlauf durch die Instanzen deutlich.

Hätten Sie doch einen Inländer geheiratet“, bekommt Susanne (Name geändert) zu hören, als sie bei der Wohnungssuche erklärt, dass sie für sich und ihren ausländischen Mann eine Wohnung sucht.

Ihr Mann ist nicht schwarz und spricht fließend Englisch. Doch das allein reicht nicht, um fair behandelt zu werden. Da braucht es wohl einen österreichischen Pass und einen dementsprechenden Akzent, glaubt das Ehepaar mittlerweile. Sein Herkunftsland möchte Peter (Name geändert) nicht im Artikel stehen haben. Noch seien der Aufenthaltstitel und die dazugehörige Beschäftigungsbewilligung nicht bei ihm eingelangt. Am Tag des Interviews kommt aber zumindest die mündliche Zusage der Behörden.

Ungewollt

Susanne und Peter haben einen wahren Spießrutenlauf hinter sich. Am Ende des langen Weges angelangt, meint die gebürtige Österreicherin: „Ich habe nicht gedacht, dass Österreich so ausländerfeindlich ist, aber ich muss mich eines Besseren belehren lassen.“ Sie spricht von institutionalisierter Ausländerfeindlichkeit, die sich vor allem bei Behördengängen zeigt. Dazu kommen noch Anpöbelungen bei der Wohnungssuche und in der Öffentlichkeit. Ihr Fazit: Ausländer sind nicht erwünscht in diesem Land.

Auch im Wahlkampf sind Ausländer ein großes Thema. Gespielt wird unter anderem mit den Ängsten, von ausländischen Arbeitskräften überrollt zu werden. Die Statistik zeigt jedoch ein anderes Bild: So wurden 2007 die Quoten für die unselbstständigen Schlüsselkräfte nur zu 76 Prozent ausgeschöpft. Insgesamt wurde 1353 Facharbeitern die Niederlassung gewährt. Wie kann das sein, wenn doch einige Branchen mehr als froh wären, wenn sie ihre offenen Stellen besetzen könnten?

Gebraucht

Lange war es der österreichische Weg, sich im Ausland um Arbeitskräfte umzusehen, wenn im Inland Bedarf besteht. Die Büros in den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens oder in der Türkei, die Gastarbeiter nach Österreich locken sollten, sind freilich schon lange geschlossen. Die latente Angst, der heimische Arbeitsmarkt könnte sehr wohl von den qualifizierten wie von den nicht qualifizierten Arbeitskräften überschwemmt werden, ist heute die treibende Kraft beim Thema Ausländerbeschäftigung.

Die Quoten für die Niederlassungsbewilligung – durch die Schlüsselarbeitskräfte Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen – werden je Bundesland vereinbart. Jedoch besteht keine Möglichkeit, noch freie Quotenplätze von einem Bundesland auf ein anderes übertragen zu können.

Wolfgang Tritremmel, zuständig für die Bereiche Arbeit und Soziales in der Industriellenvereinigung (IV), kennt dieses Problem zur Genüge. Im vergangenen Jahr wurden etwa im August und September in einigen Bundesländern keine Niederlassungs-Bewilligungen für Schlüsselkräfte mehr erteilt, da die Quote bereits erfüllt war. Eine Umschichtung von Quotenplätzen aus anderen Bundesländern war nicht möglich. So konnten manche Unternehmen erst wieder im Jänner 2008 neue ausländische Facharbeiter beschäftigen. Österreichweit aber wurde die Quote für unselbstständige Schlüsselkräfte nicht ausgeschöpft. Nur in Kärnten und der Steiermark wurden die Quotenplätze zur Gänze zugeteilt.

Legt im betrieblichen Umfeld die Bürokratie den Zugang zum Arbeitsmarkt teilweise lahm, so wird im privaten Bereich oft ein Mangel an Information zur Hürde. Susanne bekommt zwar einen Zettel bei der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien, auf dem aufgelistet ist, welche Bestätigungen und Papiere sie und ihr Mann mitbringen müssen, um ordnungsgemäß einen Antrag auf Aufenthalts- bzw. Beschäftigungsbewilligung stellen zu können. Allein: Die Liste ist nicht vollständig. Von Reisepass, Heiratsurkunde, Bestätigung der Meldung, Freizügigkeitsnachweis, Versicherungskartenauszug und vielem mehr ist darauf zu lesen – nur die Haftungserklärung, die die österreichische Ehefrau für ihren ausländischen Mann abgeben muss, kommt hier nicht vor.

Am Ende wird Susanne den Eindruck nicht los, kurz vor Beendigung von Fristen noch immer weitere Zettel bringen zu müssen. Es scheint, denkt sie sich, als ob man es darauf anlegen würde, dass der Antragsteller eine Frist versäumt. „Das mag eine Verschwörungstheorie sein“, sagt Susanne, „aber dieser etwas paranoide Gedanke lässt mich derzeit nicht mehr los.“

Hilfe bekommt das junge Paar vor allem bei der nichtstaatlichen Organisation „Ehe ohne Grenzen“, einer Anlaufstelle, deren Mitarbeiter fast alle Gesetze und Regelungen durchblicken, die mit der Änderung des Fremdengesetzes vom 1. Jänner 2006 binationalen Paaren das gemeinsame Leben in Österreich erschweren. Denn die Ehe allein begründet nicht mehr das Recht auf Aufenthalt und öffnet nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Angst vor den Anderen ist groß.

Gefürchtet

Doch nicht nur binationale Paare, deren ausländischer Partner keine Schlüsselkraft darstellt, haben es schwer. Auch Asylwerbern bleibt der Zugang zum Arbeitsmarkt während eines laufenden Verfahrens versperrt. Zum Nichtstun verdammt, können sie höchstens als Saisonarbeiter für einen beschränkten Zeitraum beschäftigt werden. Dabei wäre ihre Arbeitskraft in manchen Bereichen durchaus gefragt: Das Unternehmen ISS findet in Salzburg und Oberösterreich für die professionelle Gebäudereinigung nur mehr schwer Mitarbeiter. Derzeit beschäftigt ISS 9500 Menschen aus 69 Nationen und wird weiter auf ausländische Mitbürger als Mitarbeiter setzen. Anders wäre das Unternehmen nicht mehr zu führen. Doch man macht sich auch Gedanken über die Integration. Anders als in der großen Politik sind in ihrem Unternehmen kostenlose Deutschkurse längst Standard.

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