Ausländer, verzweifelt gesucht

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Zwischen Jahresbilanz der Regierung, Schi-Debakel, Rinderwahnsinn und Schweinehormonen ist eine Meldung aus Deutschland beinahe untergegangen: der Run auf die Green-Card für ausländische Computerspezialisten hält sich in ziemlich bescheidenen Grenzen. Ein Kontingent von 10.000 Experten auf dem Gebiet der Informationstechnologie sollte erleichterte Zugangsbedingungen zum Arbeitsmarkt unserer Nachbarn vorfinden; aber nur knapp 5.000 Interessenten hat es in den ersten sechs Monaten gegeben - überwiegend aus Indien und verschiedenen ehemaligen Ostblockstaaten.

Das ist fast nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn in Deutschland fehlen mindestens 75.000 derartige Fachkräfte. Oder anders gesagt: diese 5.000 hochqualifizierten und mobilen Arbeitnehmer würden gerade eben zwei Drittel dessen abdecken, was man in dem kleinen Österreich als dringendsten Bedarf bezeichnet. Von einer Green-Card ist hierzulande aber keine Rede: alle Bemühungen von Innenminister Strasser im Hinblick auf eine diesbezügliche Erhöhung der Quote sind an der Abwehr der FPÖ abgeprallt.

Dabei zeigt nun das deutsche Beispiel, dass es gar nicht so leicht ist, überhaupt Spezialisten zu rekrutieren, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass deren Wanderungsbereitschaft auch ein wenig mit dem zu erwartenden Klima in den Zielländern in Zusammenhang steht. Via Internet ist es ja gerade für diese Menschen kein Problem, sich umfassend über die politischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten zu informieren, und Deutschland wie Österreich sind nicht gerade Musterbeispiele für die Offenheit und Gastfreundschaft Ausländern gegenüber.

Dass die FPÖ in der Bundeshauptstadt nun wieder einen Ausländerwahlkampf startet, könnte sich zumindest arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitisch kontraproduktiv auswirken: spätestens dann, wenn sich herausgestellt hat, dass die Milchmädchenrechnung der Bundesregierung nicht aufgeht. Denn das Anwerben von IT-Experten aus anderen EU-Ländern (mit derselben Mangelsituation!) ist unrealistisch, und bei der Forcierung einschlägiger Ausbildungswege in Österreich muss man erst einmal das Interesse von (auch weiblichen) Jugendlichen wecken und die Computerscheu älterer Arbeitnehmer überwinden. Das wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, als unserer Wirtschaft im globalen Wettbewerb zur Verfügung steht. Aber vielleicht lernt die FPÖ ja um: immerhin plakatiert sie - wenn auch unter dem Zusatz "Rot-Grün" - "Wien braucht mehr Ausländer".

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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