Bringt nur kurzfristige Entlastungen

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Die Regierung sollte ihren Null-Defizit-Kurs gegen jede Pump-Politik halten und damit ihre Glaubwürdigkeit stärken.

Was passiert, wenn man eine Steuerreform macht, die man sich nicht leisten kann? Man zahlt sie doppelt zurück. Ich habe immer geglaubt, diese Regierung denkt generationenübergreifend und schielt nicht von Wahltermin zu Wahltermin. Jetzt läuft sie aber Gefahr, in den Trott der Vorgängerregierungen zu verfallen, indem sie eine Entlastung verspricht, die sie nicht wirklich finanzieren kann und daher nach der Wahl vom Wähler zurückzahlen lassen wird. Deshalb bin ich gegen eine Steuerreform. Und deshalb appelliere ich an die Bundesregierung bei der Wahrheit zu bleiben: Wir können uns eine Steuerentlastung für alle derzeit nicht leisten, wenn wir an der Politik "Keine neuen Schulden!" festhalten wollen. Das Nulldefizit 2001 ist zu Stande gebracht, jenes für 2002 ist noch lange nicht erzielt - wir werden dieses Gebäude mit Stützmauern versehen müssen, damit es nicht einstürzt. Und trotzdem wollen wir eine Steuerentlastung? Wir sollten den Wählern nichts vormachen. Diese neue Bundesregierung ist angetreten der Jugend dieses Landes ein Stück Zukunft zu eröffnen anstatt ihr Hypotheken zu hinterlassen. Dabei kann es nur bleiben, wenn nicht wieder auf Pump Politik gemacht wird.

Wirtschaftsforscher bestätigen: Eine spürbare Steuerentlastung für alle kostet 2,18 Milliarden Euro (30 Mrd. Schilling), und ich sehe nicht, dass wir diesen Betrag hätten. Es wäre doch allemal besser das Nulldefizit als Ziel klar zu verfolgen, aber gleichzeitig in der zeitlichen Dimension Spielraum zu schaffen. Und sollte dann der Finanzminister über ein Quäntchen Mehreinnahmen verfügen, dann sollten diese statt in ein Stückwerk einer Steuerreform in Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit fließen.

Eine Steuerreform sollte dann angegangen werden, wenn ein ernst zu nehmendes Volumen da ist. Dann könnte es ein großer Wurf werden. Das hieße: weniger Beitragssätze; Besteuerung der grenzüberschreitenden Gewinntransfers durch europaweite Koordination; Neuordnung der Grundsteuer - man kann ja die Häuslbauer verschonen und gleichzeitig die Großgrundbesitzer stärker ins Steuersystem einbinden. Und ganz allgemein: Es geht nicht, dass Klein- und Mittelbetriebe brav Arbeitsplätze sichern und brav Steuern bezahlen, während Großkonzerne ihre Gewinne mit Verlusten in anderen Ländern gegen rechnen und am Ende wenig oder gar keine Steuern zahlen. Rationalisierungsgewinner müssen für die Allgemeinheit mehr tun - das ist kein Klassenkampf, sondern eine Frage von sozialer Gerechtigkeit und deshalb "durch Steuern zu steuern" ist.

Auch für die ÖVP muss gelten, fair und gerecht gegenüber den Berufsgruppen zu agieren. Selbstverständlich ist am Ziel, die Wirtschaft durch die Senkung der Lohnnebenkosten weiter zu entlasten, festzuhalten. Doch ist festzustellen, dass die "Abfertigung neu" mit einem Beitragssatz von 1,53 Prozent für die Unternehmen eine spürbare Entlastung bringt. Bisher waren die Lohnnebenkosten durch die Abfertigung mit mindestens 2,5 bis vier Prozent, in einigen Branchen bis sechs Prozent belastet. Wenn Steuerentlastung, dann natürlich massiv für den "Lastenträger Mittelstand", aus welchen Berufsschichten auch immer.

Ich habe schon viele Steuerreform-Debatten miterlebt. In den letzten Jahren war es meist so, dass die Entlastung innerhalb von zwei Jahren wieder aufgefressen war. Eine Folge des nicht vorhandenen Volumens. Ich meine daher, die Regierung sollte Kurs halten und damit ihre Glaubwürdigkeit stärken. Die Wähler haben ein feines Sensorium dafür, was geht und was nicht geht. In Wahrheit sind es die Funktionäre - in allen Parteien - die reflexartig eine Steuerentlastung verlangen und nicht wissen was sie anrichten. Die Betroffenen sind offensichtlich gescheiter.

Der Autor ist steirischer Landesrat und ÖAAB-Obmann.

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