Bum, bum, bum ... Wer schützt uns vor Musik-Rowdys?

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Die Selbstschädigung unserer Gesellschaft wird erstaunlich wenig thematisiert, aber ist nicht gerade Wahlkampf? Da möchte ich doch gern meine chronischen Leiden publik machen, vielleicht gibt es Leidensgenossinnen und Genossen, die es ebenso wenig genießen wie ich, wenn einen unvorbereitet, mitten im Leben der Schlag trifft: es ist der "Beat" irgendwelcher "Hits", die im Programm der Radiosender parasitär wuchern, vom vielbeworbenen Superbass aus der Superstereoanlage eines vorüberfahrenden Autos.

Oder - ebenso schleichend wie gefährlich, als stundenlange Einwirkung in der eigenen Wohnung über Stockwerke hinweg, ja Häuserwände hindurch: der dumpfe rhythmische Schlag, der den eigenen Herzschlag desynchronisieren kann. Bumm, bumm, bumm - so banal wie wirksam. Die "Melodie" solcher Hits, beziehungsweise den Text, hört nur der, der sich in unmittelbarer Nähe der Lärmquelle befindet, das kann doch aber nur bedeuten, daß irgend eine Absicht dahinter steckt, warum der Superbass so autonom abgekoppelt völlig fremde Ohren, beziehungsweise Nerven, beziehungsweise Herzen erschüttern soll.

Wem dient diese Erfindung? Warum gilt der Superbass als Kennzeichen eines "echt super" Verkaufshits in der Audiobranche?

Der Verdacht liegt nahe: Es handelt sich hier um eine Art Waffe zur pflege der Egomanie - zur Stimulierung des eigenen und Manipulation des fremden Nervenkostüms!

Wenn ich es recht verstehe, fällt die Lärmbelästigung in diesem Fall in die Ressorts Gesundheit, Konsumentenschutz, Innere Sicherheit, Justiz, Umweltschutz, Erziehung und Unterricht, Verkehr ...

Selbstverständlich bin ich für Eigeninitiative (Stichwort: Bürgergesellschaft) und habe fürs erste einmal bei uns im Haus einen Schrieb an das Schwarze Brett gepinnt - in eine Ecke des Aushangs vom Kaminkehrer, damit es vielleicht doch jemand liest: "Hallo Nachbarn, bitte überprüfen Sie Ihre Stereoanlage und stellen Sie die Bässe leiser ein." Denn das Problem läßt sich mit einem freundlichen Klopfen an der Wohnungstüre leider nicht lösen. Zum Wesen des Superbass gehört, daß man ihn nie genau orten kann, weil jeder Nachbar womöglich einen anderen Radiosender hört und die Hits zufallsverteilt im Haus die Bassfrequenzen herumschicken. Na ja, und man diskutiert ja auch nicht so gern, Aug' in Aug', über den Lärm hinweg.

Übrigens, damit kein Mißverständnis stehenbleibt. Der nun schon wochenlange Lärm des sorgfältig arbeitenden Handwerkers in der Wohnung über mir kostet mich vergleichsweise nur ein paar Seufzer - und das muntere Akkordeonspiel meines serbischen Nachbarn - der Junior übt auch schon fleißig - in der Wohnung unter mir, freut mich direkt, daß noch jemand lieber Volksmusik selber spielt, als sich bedröhnen zu lassen! Der Baulärm wird irgendwann zu Ende sein und die Musik kann ja nur immer genußvollere Konzertqualität bekommen. Aber wer schützt uns alle vor den Superbass-Rowdies? Die geschlagene Gesellschaft?

P. S.: Wie wäre es mit ein paar aufklärerischen Worten der eloquenten Moderatoren der betreffenden Radiosender? Man könnte auch noch Anleitungen zur nachbarfreundlichen Isolierung von TV- und Videogeräten (gegenüber Wänden und Fußboden unter besonderer Berücksichtigung von Leitungsrohren) aber auch Waschmaschinen und Trocknern (Isomatte drunter?) geben. Das wäre ein Superservice!

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