Buschfleisch und Waisenbabys

Werbung
Werbung
Werbung

Die Zahl der wild lebenden Menschenaffen in Afrika sinkt dramatisch - Wilderer und die Abholzung der Urwälder sind die Gründe dafür. Hauptbetroffen sind Schimpansen und die berühmten Berggorillas in Zentralafrika.

Zak hatte keinen einfachen Start ins Leben. "Er war ein klassisches Buschfleisch-Baby“, erklärt der südafrikanische Schimpansenexperte Marc Cronje. Das Wort ist für viele Menschenaffen in Afrika mit einem tragischen Schicksal, mit Verlust, Schmerz und Tod verbunden. Denn Zaks Mutter wurde vor seinen Augen von Wilderern erschossen, die ihr Fleisch als Delikatesse verkaufen wollten. Den kleinen Schimpansen nahm die kriminelle Bande mit und verkaufte ihn als Haustier.

Jedoch landete Zak nicht bei einer liebevollen Familie, sondern bei einem Nachtclubbesitzer in Angola. "Er war immer an einen Baum gekettet, hatte keinen Schutz vor Hitze und Regen und bekam so gut wie nichts zu essen“, sagt Cronje. Das einzige, was ihm zum Amüsement der Gäste in seine schwachen Hände gedrückt wurde, waren Alkohol und Zigaretten. "Er war abhängig und hatte Entzugserscheinungen, nachdem wir ihn gerettet hatten.“ Als Zak ins Schimpansenreservat "Chimp Eden“ gebracht wurde, das Cronje in Südafrika zusammen mit seinem Vater betreibt, war er 19 Jahre alt und wog gerade einmal 18 Kilo.

Schimpansen sind ebenso wie die anderen afrikanischen Menschenaffen - Gorillas und Bonobos - zahlreichen Gefahren ausgeliefert. Das größte Problem ist der Verlust des natürlichen Lebensraums durch die Abholzung der Wälder. Hinzu kommen blutige Konflikte etwa im Kongo, Krankheiten - und die Wilderei. Das sogenannte Bushmeat wird noch immer Tag für Tag tonnenweise auf afrikanischen Märkten verkauft, obwohl die Jagd offiziell verboten ist.

130.000 wildlebende Schimpansen

Etwa 130.000 wildlebende Schimpansen gibt es heute noch auf dem Kontinent, vorwiegend in Äquatorialafrika. Die Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature) stuft sie als "stark gefährdet“ ein.

Der Westliche Flachlandgorilla, der vor allem in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, Kongo, Gabun und Äquatorialguinea vorkommt, ist laut IUCN sogar "vom Aussterben bedroht“. Insgesamt leben im westlichen Zentralafrika WWF-Angaben zufolge nur noch etwa 95.000 Exemplare. "Die größten Bedrohungen für die Gorillas sind die Wilderei und Krankheiten wie Ebola. Zusammen haben diese beiden Bedrohungen einen Bestandsrückgang der Art um etwa 60 Prozent allein in den letzten 20 bis 25 Jahren verursacht“, heißt es auf der Webseite der Organisation.

Noch viel schlimmer ist die Situation für die Berggorillas, deren Rettung sich schon die legendäre Verhaltensforscherin Dian Fossey (1932-1985) zur Aufgabe gemacht hatte. Heute gibt es weltweit noch 800 Tiere - rund 480 im Gebiet der Virunga-Vulkane im Grenzgebiet zwischen Ruanda, Kongo und Uganda und 320 im ugandischen Bwindi. "Sie gelten weiterhin als vom Aussterben bedroht, auch wenn ihre Zahl durch aktive Schutzmaßnahmen zuletzt etwas zugenommen hat“, sagt die Expertin Erika Archibald vom "Dian Fossey Gorilla Fund“.

In der von Fossey gegründeten Forschungsstation Karisoke in Ruanda gehen Mitarbeiter der Organisation täglich auf Patrouille, um die Berggorillas vor Wilderern zu schützen. Zusätzlich werden Gemeinden und Schulkinder in der Region in Sachen Gorilla-Rettung unterrichtet.

Auch Uganda hat sich den Schutz der "Silberrücken“ und ihrer Familien auf die Fahne geschrieben - unter anderem, weil der Gorilla-Tourismus seit Jahren eine profitable Einnahmequelle für das Land ist. Auch hier wird die Bevölkerung für die Probleme der Primaten sensibilisiert. "Zudem werden unsere Schutzgebiete von Soldaten bewacht, und wir haben auch ein Netzwerk mit unseren Partnern in Ruanda und Kongo aufgebaut“, erklärt der Sprecher des Tourismusministeriums in Kampala, Vivian Lyazi.

Unüberschaubare Situation

Im Bürgerkriegsland Kongo ist die Situation allerdings weiterhin unüberschaubar, denn hier rücken Rebellengruppen bis in den Virunga-Nationalpark vor. "Dort gibt es kaum Patrouillen und keine ausgebildeten Parkwächter, die die Tiere schützen könnten“, sagt Archibald. Immer wieder wurden Gorillas grausam getötet, Beobachter sprachen gar von "Hinrichtungen“. Dabei kommt es vor, dass sich ein Baby noch an den Leib der toten Mutter klammert, bevor es von den Wilderen weggezerrt und verkauft wird.

Manchmal gibt es aber auch Geschichten mit einem glücklichen Ende. Vier Jahre nach seiner Befreiung hat Schimpansenmann Zak ordentlich an Gewicht zugelegt und bringt stolze 70 Kilo auf die Waage. Alkohol braucht er schon lange nicht mehr. Stattdessen hat der Primat sich langsam aber beharrlich an die Spitze gearbeitet - und ist heute das angesehene Alphamännchen einer Schimpansengruppe in "Chimp Eden“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung