Notaufnahme - © Foto: APA / Barbara Gindl

Christian Lagger: „Es geht um Zuwendung – bis zuletzt“

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Christian Lagger, neuer Sprecher der 23 heimischen Ordensspitäler, über Triage, Impfpflicht, das geplante Sterbeverfügungsgesetz und die Pflegereform.

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Christian Lagger, neuer Sprecher der 23 heimischen Ordensspitäler, über Triage, Impfpflicht, das geplante Sterbeverfügungsgesetz und die Pflegereform.

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Jedes fünfte österreichische Spitalsbett steht in einem Ordensspital, genau 7808 Betten sind es bundesweit. Wie erlebt man hier die jüngste, dramatische Covid-Welle? Was hält man von der bevorstehenden Impfpflicht? Und wie steht man zum geplanten Sterbeverfügungsgesetz, das ab 1. Jänner assistierten Suizid unter bestimmten Umständen straffrei stellt? Christian Lagger, ehedem als Theologe Büroleiter von Bischof Egon Kapellari, heute Geschäftsführer des Krankenhauses der Elisabethinen in Graz, seit September auch Präsident des Internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen in Salzburg sowie seit der Vorwoche für zwei Jahre Sprecher der Ordensspitäler, im FURCHE-Interview.

DIE FURCHE: Bilder und Videos aus völlig überlasteten Intensivstationen haben zuletzt für Bestürzung gesorgt – und zu einem abermaligen Lockdown. Wie ist die aktuelle Situation in den Ordensspitälern?
Christian Lagger:
Sie sind je nach Bundesland unterschiedlich stark betroffen – in Oberösterreich ist die Betroffenheit besonders groß. An manchen Standorten, etwa dem St. Josef Krankenhaus in Braunau oder dem Ordensklinikum Linz, wurden spezifische Hotspots gebildet, wo für die gesamte Bevölkerung zugänglich getestet, geimpft und behandelt wurde.

DIE FURCHE: Gab es schon die Situation, in der Menschen nicht mehr so behandelt werden konnten, wie das sonst üblich ist – Stichwort Triage?
Lagger:
Triagiert wird de facto immer – nämlich insofern, als man sich fragt, ob für einen Patienten oder eine Patientin das Ausschöpfen des gesamten medizinischen Behandlungssettings sinnvoll ist – oder ob, wie etwa bei onkologischen Patienten ab einem gewissen Stadium, die Lebensqualität im Mittelpunkt steht. Diese Entscheidungen, in denen es um Dringlichkeiten geht, Operationen gereiht werden und auch die Patientenautonomie eine wichtige Rolle spielt, gehören zu unserem täglich Brot. Aber das ist etwas anderes als jene „Triage“, wie sie zuletzt medial transportiert worden ist – dass man entscheiden muss, wer nicht behandelt werden kann. So weit sind wir noch nicht. Aber die Situation ist und bleibt ernst, vereinzelt kann es bei wichtigen Spezialoperationen schon zu Verschiebungen kommen. Wir haben aber im ersten Lockdown auch miterlebt, dass viele Menschen aus Angst, sich anzustecken, nicht ins Spital gekommen sind. Das hat auch zu fortgeschritteneren Erkrankungsstadien geführt. Daraus haben wir alle gelernt.

DIE FURCHE: Und was hat man hinsichtlich der Abschottung von Schwerkranken und Sterbenden im ersten Lockdown gelernt?
Lagger:
Natürlich gibt es in jedem unserer Spitäler einen Eingangsbereich, der den geltenden Regeln entspricht und wo man auch einen Test vorweisen muss. Und in den Einrichtungen selbst müssen Masken getragen werden. Aber ansonsten bemühen wir uns darum, dem Prinzip der Ordensspitäler treu zu bleiben – nämlich dass es um Zuwendung geht, bis zuletzt.

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