Löwe - © Foto: Pixabay

Das Erbe der Väter - und der Erbverzicht

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Kämpfen, Herrschen, Totmachen: So sah einst das traditionelle Bild von Männlichkeit aus. Wie sollen Männer -und Frauen -mit diesem Erbe umgehen? Gedanken über Maskulinität und Väterlichkeit anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums von "Der Weg der Männer".

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Kämpfen, Herrschen, Totmachen: So sah einst das traditionelle Bild von Männlichkeit aus. Wie sollen Männer -und Frauen -mit diesem Erbe umgehen? Gedanken über Maskulinität und Väterlichkeit anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums von "Der Weg der Männer".

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Von dem Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich stammt das Schlagwort von der "Vaterlosen Gesellschaft", mussten doch nach Ende des Zweiten Weltkriegs viele Söhne ohne Vorbild und Beistand eines Vaters aufwachsen -und die wenigen Heimkehrer waren meist kaputt an Körper und Seele. Allerdings scheint gegenwärtig der Weg weiterzugehen in Richtung einer elternlosen Gesellschaft: Eine Berufswelt, die elektronisch immer tiefer ins Privatleben der Erwerbstätigen eindringt sowie Flexibilität, Mobilität und laufende Weiterbildung (am Abend und am Wochenende) fordert, lässt auch die Mütter nicht ungeschont. Wer hingegen keine Arbeit hat, wird in eine virtuelle Nebenrealität hinein verlockt, was zwar ein wenig vom Leid der Bedeutungslosigkeit ablenkt, aber weder einen Beitrag zur eigenen Weiterentwicklung noch zu der anderer liefert. Genau das aber erhöht eigentlich den Bedarf an Väterlichkeit: Verantwortung und Fürsorge für die nachkommenden Generationen und auch für all die Ressourcen, die das Leben fördern.

Kampfmaschinen und Kanonenfutter?

Von Erich Fromm ("Anatomie der menschlichen Destruktivität") stammt die Unterscheidung in zwei entgegengesetzte Lebensstile: den "biophilen", der Leben und Lebendiges liebt und fördert, und den "nekrophilen", der von Totem fasziniert ist, Maschinen etwa und Technik. Fromm bringt dazu das Beispiel eines Menschen, der sich am Anblick der Natur erfreut, und demjenigen, der sie fotografiert und diese Abbilder ins Album klebt. "Sein oder haben."

Traditionell wurden Männer zu Totmachern erzogen -zu Kampfmaschinen oder Kanonenfutter. Gerda Lerner ("Die Entstehung des Patriarchats") verortet diese Entwicklung in der Zeit, als man vom Nahrungsammeln zu Ackerbau, organisierter Jagd und Viehzucht überging, daher Reviere erkämpfen und Räuber abwehren musste. Das Ziel dabei war die bestmögliche Versorgung von Familie bzw. Clan. Erst mit den Staatenbildungen entstanden die mit Zunahme an Zahl immer anonymer werdenden Truppen und Heere, und damit das Ziel der Vermeidung personaler Beziehungen.

Die Jungianischen Psychoanalytiker Robert Moore und Douglas Gillette ("König, Krieger, Magier, Liebhaber") sehen im Kriegermann aber nur eine Form, wie sich Männlichkeit als Archetyp zeigt, und ob dieser ritterlich verwirklicht wird oder nur verwüstend, oder aber feige vermieden wird, ist jeweils eine Möglichkeit unter mehreren und ruft meist nach reflektierter Balance. Nur ist die Stimme der Vernunft halt leise.

In der "vaterlosen Gesellschaft" ersetzen mediale Vorbilder den realen Vater, und diese zeigen entweder Konflikthaftes oder sublime Propaganda für kriegerisches Kampfverhalten auf Leben und Tod (z. B. wenn sie aus den kriegführenden USA stammen). Wen wundert da das häufige "Vater"-Bashing der Töchter und zunehmend auch Söhne, das eigentlich ein Bashing gefühlloser Männer darstellt -und vielfach aus der Enttäuschung gespeist wird, keinen liebenden Vater zu erleben, wenn man ihn bräuchte. Immerhin gehört der Vater, sofern überhaupt präsent, zu den ersten Liebesobjekten des Kleinkindes, vor allem, wenn seine Umgebung diese Idealbilder beschwört. Oft tut sie es nicht. Die Sehnsucht bleibt -zumindest bis andere Bezugspersonen wichtiger werden, die Freunde, die Peer Group, die ideologischen Rattenfänger -aber auch alles, was Freiheit verspricht, jedoch Sucht auslösen kann und wieder nur abhängig macht.

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