Das Waffengesetz verschärfen?/Nicht Emotion, sondern Augenmaß ist gefragt: Verläßliche Waffenbesitzer dürfen nicht kriminalisiert werden.

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Es läßt sich leicht mit Emotionen spielen, wie nebenstehender Artikel beweist. Es geht nicht um den "glänzenden Revolver im Nachtkästchen", der zum "modernen Hausgötzen, zum Fetisch der Stärke, der Macht und der Freiheit" wird. Auch die Gleichstellung von Waffenbesitz und Bereitschaft des betrogenen Ehemanns, der mit der Kränkung nicht weiterleben kann und seine Frau, deren Liebhaber und oft auch sich selbst erschießt, ist wohl nur emotional und entbehrt jeder realen Grundlage.

Auch die Verkürzung von Statistiken ist leider kein verläßliches Argument. Den von Michael Chalupka und Roland Werneck angeführten Zahlen kann man andere Zahlen entgegenhalten, die die Gewaltbereitschaft und die Schußwaffenkriminalität betreffen: In einem Vergleich zwischen Österreich und Deutschland wird, bezogen auf 100.000 Einwohner, in Deutschland bei der Begehung von Straftaten 10,4mal, in Österreich jedoch nur 1,8mal geschossen. Es geht aber nicht nur um die Zahlen des Waffengebrauchs, es geht auch darum, ob die Waffen legal oder illegal besessen werden. So wurden in Österreich im Jahr 1996 170 Morde und Mordversuche begangen. In nur zehn Prozent der Fälle wurde mit einer legalen Waffe geschossen. Im Vergleich zu allen strafbaren Handlungen wurden in Österreich überhaupt nur 0,3 Promille mit Waffen begangen. Statistiken beweisen auch, daß die Anzahl der Waffendokumente keine Relevanz für die Zahl der begangenen Straftaten mit Waffen hat.

Wie wenig sich die beiden Autoren mit der geltenden Gesetzeslage auseinandergesetzt haben, zeigt insbesondere der Vorwurf der "Verehrung von Pumpguns als reine Männerreligion". Gerade die Pumpguns sind aber ein gutes Beispiel, was eine ungerechtfertigte und überzogene Gesetzgebung anrichten kann: Beim Totalverbot von Pumpguns soll es in Österreich etwa 30.000 bis 35.000 solcher "Vorderschaftrepetierer" gegeben haben. Für legale Besitzer wurde die Möglichkeit eingeräumt, diese in einer Übergangsfrist entweder gegen Entschädigung zurückzugeben oder in eine Waffenbesitzkarte eintragen zu lassen. Was ist geschehen? Nur 777 Pumpguns wurden zurückgegeben, etwa 2.500 Eintragungen in Waffendokumente sind erfolgt; die übrigen Besitzer solcher Waffen bevorzugten den Weg in die Illegalität. War das der beabsichtigte Erfolg des Totalverbots?

Um dem emotionalen Bereich Fakten gegenüberzustellen, möchte ich die wesentlichen Änderungen durch das Waffengesetz 1996, das in erster Linie der Umsetzung der EU-Richtlinie vom 18. Juni 1991 diente, darstellen: Neu ist die Meldepflicht für Langwaffen. Eingeführt wurde ferner die Verläßlichkeitsprüfung (nicht EU-rechtlich bedingt): Im Rahmen dieses Tests soll geprüft werden, ob "jemand dazu neigt, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden". Ausnahmen wurden für Jäger und Schützen geschaffen. Neu ist auch die "Abkühlphase": das heißt, daß Personen, die nicht über eine waffenrechtliche Urkunde verfügen, eine gekaufte Waffe erst nach Ablauf von drei Tagen ausgefolgt werden darf.

Die nunmehr andauernde Diskussion über eine Verschärfung des Waffengesetzes übersieht, daß die bedauerlichen Vorfälle auf einem Waffenbesitz beruhen, der sich noch auf das alte Waffengesetz gründet. Das neue Waffengesetz gibt der Behörde aber eine Reihe von Möglichkeiten, um unverläßliche Waffenbesitzer "herauszufiltern". Alle diese Möglichkeiten sind im Rahmen einer Verordnung zum Waffengesetz umzusetzen, es bedarf keiner Gesetzesänderung.

Zu denken ist insbesondere an * eine strenge Verfolgung des illegalen Waffenhandels; * eine klare Regelung über die ordnungsgemäße Verwahrung von Waffen; * eine regelmäßige Überprüfung der ordnungsgemäßen Aufbewahrung insbesondere in Fällen, in denen, etwa wegen Kindern im Haushalt, eine besondere Gefährdung gegeben ist; * einen Hinweis an Personen, die bereits im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde sind, über die sie treffenden Verwahrungspflichten, wobei Verletzungen dieser Pflichten mangels Verläßlichkeit einen Entzug dieser Urkunden nach sich ziehen sollen; * die Einführung eines Nachweises darüber, daß der Erwerber einer Waffe über den Umgang mit dieser Waffe entsprechend belehrt beziehungsweise geschult wurde.

Neuerliche gesetzliche Auflagen würden noch mehr Personen dazu drängen, sich illegal Waffen zu besorgen ("Mexikoplatz"). Bereits jetzt zeigt die Diskussion über eine allfällige Verschärfung des Waffengesetzes, daß die Meldepflichten für Langwaffen nicht eingehalten werden.

Die bestehenden Erkenntnisse zeigen, daß es nicht zu einer Kriminalisierung verläßlicher Besitzer von Waffen kommen darf. Der Staatsbürger muß sich auf Gesetze verlassen können, ohne befürchten zu müssen, daß es je nach Anlaßfällen immer wieder zu Änderungen kommt.

Der Autor, Abgeordneter zum Nationalrat, ist Sicherheitssprecher der ÖVP.

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