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Platte Phrasen, ein ministerieller "Sager" und hartnäckige Schieflagen zwischen Mann und Frau: Bad News vom Internationalen Frauentag.

Rund um den 8. März ein bisschen zornig zu sein, ist ja wohl erlaubt: Zornig darüber, dass die weibliche Gesellschaftshälfte - die bekanntlich mehr als die Hälfte ist - noch immer um ein gutes Stück weniger verdient als die männliche Minderheit; zornig darüber, dass es meist noch immer Frauen sind, die das Aufgabenknäuel Beruf und Karriere entwirren (und sich vor Chef oder Kleinkind dafür schämen) müssen; zornig darüber, dass immer mehr kluge Frauen an die Hochschulen strömen - und regelmäßig an gläserne Decken knallen; und vor allem zornig darüber, dass sich der weibliche Berufs-Zyklus (Unbekümmertheit - Ambition - Nachwuchs - Ernüchterung) im näheren und weiteren Bekanntenkreis jedes Mal auf Knopfdruck wiederholt.

Über all diese Gleichstellungs-Schieflagen wäre am Internationalen Frauentag heiliger Zorn angebracht. Und doch bleiben statt ehrlicher Empörung nur platte Phrasen: "Wir sind alle keine Quotenfrauen" (Justizministerin Karin Miklautsch), "Die Bildung ist weiblich, die Wissenschaft ist weiblich, und die Kultur ist auch weiblich" (Elisabeth Gehrer), "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht" (Ursula Haubner) und - natürlich: "Jeder Tag ist Frauentag" (Maria Rauch-Kallat).

Die Frauenministerin irrt. Gottlob. Wäre jeder Tag Frauentag - die inhaltlichen Umkehrschwünge zwecks medialer Pole-Position nähmen kein Ende mehr. Maria Rauch-Kallat ist selbst das beste Beispiel dafür: Vergangene Woche demonstrierte sie im Gespräch mit der Furche gegenüber der Idee eines "Vaterschutzmonats" zwar grundsätzliche Sympathie, aber wenig akuten Umsetzungsbedarf: "Es ist mir auch derzeit das Geld wichtiger, das für die Pensionsanrechnung für Frauen verwendet wird." Wenige Tage später - und in bedrohlicher Nähe zum Internationalen Frauentag - sah die Lage für den Papa-Monat nach der Geburt schon viel rosiger aus. Im Kurier dachte Rauch-Kallat "laut über die Möglichkeit eines verpflichtenden Karenzmonats für Väter nach". Dies brächte den Männern eine engere Bindung zum Kind und ein Gefühl dafür, welcher Aufwand hinter der Betreuung steckt.

Mit diesem Vorstoß hat Rauch-Kallat nicht nur ihren Bekanntheitsgrad als Frauenministerin empfindlich erhöht - sondern auch Recht. Das Irrtums-Risiko war freilich gering: Wer sich der Forderung zweier weltanschaulich so unterschiedlich positionierter Gruppierungen wie Österreichische Kinderfreunde und Katholische Frauenbewegung anschließt, kann so falsch nicht liegen.

Tatsächlich kratzt die Frauenministerin mit dem zaghaft angedachten - und umso schwerer finanzierbaren - Vaterschutzmonat nur an der Oberfläche: Immerhin nimmt sich schon jetzt eine erkleckliche Anzahl junger Väter ein Herz - und nach der Geburt ihres Sprösslings ein paar Tage Pflegeurlaub. Wollte Rauch-Kallat tatsächlich die familiären Betreuungspflichten - und in weiterer Konsequenz irgendwann einmal den Lohn aus der Erwerbsarbeit - fair zwischen den Geschlechtern verteilen, müsste sie freilich tiefer schürfen.

Sie müsste die Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld - die zwar im Sinne der Gerechtigkeit gut gemeint, aber im Sinne der Freiheit des Einzelnen kontraproduktiv ist - streichen; sie müsste es gut verdienenden Müttern und Vätern möglich machen, diese Familienleistung kürzer - aber dafür üppiger - in Anspruch zu nehmen, weil ihre Chance auf den ehemaligen Top-Job nach 30 Monaten Auszeit ohnehin verflogen ist; sie müsste darauf dringen, dass sich Kinderbetreuungseinrichtungen annähernd nach den Bedürfnissen ihrer Kundinnen und Kunden richten; vor allem aber müsste sie - gemeinsam mit ihrem Kollegen aus dem Wirtschaftsressort - an Modellen basteln, die es für Arbeitgeber irgendwann gleich "gefährlich" machen, einen Mann oder eine Frau im fruchtbaren Alter einzustellen; schließlich könnten sich ja beide - gleichermaßen teilzeitig - um den Nachwuchs kümmern.

So lange die Phantasie der österreichischen Frauenpolitik nicht in solche Sphären reicht, sondern sich in koketten Zahlenspielen über weibliche Regierungsmitglieder erschöpft - so lange ist der Zorn am Frauentag allemal angebracht.

doris.helmberger@furche.at

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