Der 8. Juli – und die Hofburg

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DIE Furche Herausgeber

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Was sind schon zehn Jahre in unserem Leben? Ziemlich viel, hatte ich gedacht. Nicht so viel aber offenbar für Medienkollegen, die mich jetzt – ein Jahrzehnt nach meinem Abschied aus der Hofburg – zu Heinz Fischer befragt haben: Zu seinem 5. Jahrestag im Amt (8. Juli) – und zur Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2010. Alle wissend, dass es keinen Sinn macht, den Wahlkampf schon jetzt anzublasen –und zugleich doch im Bann von Hans Dichands Mutwillen.

Meine Auskünfte waren keine Offenbarung:

Dass Heinz Fischer es bisher gut bis sehr gut gemacht hat. Dass er genau um die Erwartungen der Bürger und der politischen Klasse an sein Amt weiß. Dass er den begrenzten Spielraum seines Wirkens kennt – und sich darin fröhlich und volksnah eingerichtet hat.

Dass sich im Herbst trotzdem auch andere Kandidaten melden sollten. Damit sich Demokratie nicht zur alternativlosen Absegnung des Ist-Zustands verengt. Wer die Wahlmöglichkeit der Bürger ohne Not einschränkt (Stichwort „Geldverschwendung“), der hat möglicherweise ein anderes System im Kopf.

Und: Dass Heinz Fischers Arbeitsstil zwar die Frucht langer Erfahrung ist – aber nicht der einzig denkbare. Gerade dieses Amt bietet durchaus Chancen für Neuprofilierungen. Parteikarriere oder Spitzendiplomatie, bisher die einzig akzeptierten Voraussetzungen des Präsidentenamts, könnten bald an Leuchtkraft verlieren. Manch veränderte Symbolik ist heute denkbar: Frauen, Kultur, Umwelt und … ja, auch Föderalismus. Ob solche Bewerber attraktiv – gar mehrheitsfähig – wären, das verdient ernstes, kreatives Nachdenken.

Für nicht denkbar – selbst im Licht neuer Wertestudien (wachsende Sehnsucht nach „starkem Mann“) – halte ich aber eine zuletzt zitierte „Sarkozy-Rolle“: Wer sich hierorts bittere Frustrationen à la Thomas Klestil ersparen möchte, sollte nicht nach fremden Verfassungs-Traditionen Ausschau halten.

Die Erfahrung sagt: Ein Bundespräsident ist so stark oder schwach, wie seine Verankerung im Volk und seine persönliche Autorität und Akzeptanz bei Parlament, Regierung und Medien ist. Er wächst mit der Überzeugungskraft als Vorbild – und er verdorrt in Misstrauen und Bürgerferne. Was ihn stärkt: Mut und Demut, Achtsamkeit und Mitgefühl. Was ihn schwächt: Eitelkeit, Parteilichkeit und politische Grabenkämpfe.

Unauflöslich bleibt freilich das eingebaute Dilemma des (aus der Asche der Monarchie geborenen) Präsidentenamts: Hier Hofburg-Glanz und hohes Ansehen („Ersatzkaiser“), enorme Krisen-Kompetenzen und „starke“ Volkswahl. Dort schwache, undurchsichtige Alltags-Rechte, wenig mediale Neugier für Staatssymbolik – und begrenzte personelle und finanzielle Ausstattung. Für den Verfassungsrechtler Manfred Welan ein „vollinvalider Riese“.

Beleg für diesen Widerspruch: Da war über die Jahrzehnte kaum eine Partei, die das Präsidentenamt nicht irgendwann, je nach Opportunität, entweder als zu mächtig zurechtstutzen – oder aber als wirkungslos, ja überflüssig einsparen wollte.

Ein schwieriges Amt – auch jenseits des 8. Juli 2010. Und doch das schönste unserer Republik. Und eigentlich weit mehr als ein Amt.

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