7112796-1996_04_04.jpg
Digital In Arbeit

Der Griff zur Tablette

Werbung
Werbung
Werbung

Laut Mikrozensus-Erhebung des Statistischen Zentralamtes aus dem Jahr 1991 nahmen 24,7 Prozent aller Befragten regelmäßig Medikamente. In der Altersgruppe der über 75jährigen beträgt der Anteil derer, die regelmäßig Pharmaka einnehmen, 73,7 Prozent, hingegen jener der 15 bis 24jährigen nur 7,4 Prozent. Fragt man nach der Anzahl der eingenommenen Medikamente, ergibt sich wiederum eine deutliche Kluft zwischen alt und jung: Während die Mehrheit der über 75jährigen (44,1 Prozent) zwei oder mehr Medikamente konsumiert, verwenden die darunterliegenden Altersgruppen nur ein Medikament regelmäßig.

Frauen konsumieren mehr als Männer: 29,1 Prozent der befragten Frauen brauchen regelmäßig Medikamente, hingegen nur 19,9 Prozent der Männer.

An der Spitze der Beschwerden steht Bluthochdruck, gefolgt von Herzbeschwerden und rheumatischen Beschwerden. Während hier noch die Frauen geringfügig dominieren, spaltet sich die Bangliste im folgenden geschlechtsspezifisch auf: Bei Männern dominieren die Indikationen Magenbeschwerden, Schlafstörungen und Kopfschmerzen, bei Frauen Kopfschmerzen, Schlafstörungen und niederer Blutdruck.

Eine besondere Gruppe unter den Medikamenten bilden die Psychopharmaka, das sind etwa Beruhi-gungs-, Aufputsch- oder Schlafmittel. Wie aus einer IFES-Studie des Jahres 1993 hervorgeht, haben bereits sechs bis acht Prozent der Männer und Frauen unter 30 schon eines der genannten Medikamente konsumiert.

Zwei Dinge sind zu beobachten: Zum einen nimmt der Anteil jener, die Beruhigungsmittel nehmen, mit dem Alter auffällig zu. Von den 30 bis 50jährigen haben bereits 16 Prozent, von den über 50jährigen schon 27 Prozent Beruhigungsmittel genommen. Die zweite Auffälligkeit: In beiden Altersgruppen überwiegen die Frauen. Fast ein Viertel der befragten Frauen (elf Prozent der Männer) gab an, schon einmal Beruhigungsmittel genommen zu haben, 13 Prozent der weiblichen Befragten (zwei Prozent der Männer) nahmen schon Abmagerungsoder Schlankheitsmittel. Nur beim Schlafmittelkonsum weisen die beiden Geschlechter ein ähnlich hohes Bedürfnis auf: 15 Prozent der Männer, 18 Prozent der Frauen haben schon einmal zugegriffen.

Wie gefährlich sind Psychopharmaka? „Gezielt angewendet, sind Psychopharmaka ein Fortschritt", sagt Rudolf Mader, Vorstand des An-ton-Proksch-Instituts in Wien-Kalksburg, das eine Abteilung zur Betreuung Alkohol- und Medikamentenab-hängiger hat. Das Problem sei die Dosis und der Anwendungszeitraum. Gerade Psychopharmaka zählen zu jenen Medikamenten, die am häufigsten zu einer Abhängigkeit führen können. Dies geht schritt-, sozusagen tablettenweise, ohne daß es den Betroffenen richtig bewußt ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung