Der österreichische Patient

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Kranksein war noch niemals lustig, doch zumindest auf die Freigiebigkeit der heimischen Krankenversicherung war bis dato Verlass. In Wien ist nun Schluss damit: Mit Anfang August hat die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Zuschüsse zu Erholungsurlauben nach langer Krankheit sowie Zuzahlungen zu bestimmten Krankentransporten, zu Gleitsichtbrillen und Zahnersatz aus Kunststoff gestrichen. Grund für die Einschnitte beim maladen Bürger: Die chronisch defizitäre Kasse im Ballungsraum Wien kämpft mit ernsten Zahlungsschwierigkeiten. Schon heuer beträgt das Defizit geschätzte 190 Millionen Euro. Im kommenden Jahr soll es weiter auf bis zu 250 Millionen Euro steigen.

Wucherndes Defizit

Nicht nur die Wiener Kasse - das gesamte österreichische Gesundheitssystem bedarf längst einer Frischzellenkur: Steigende Lebenserwartung, immer aufwändigere Versorgungsleistungen und immer weniger Beitragszahler haben eine Generalreform nötig gemacht.

Was sich der oder die heimische Kranke davon zu erwarten hat, wurde in der Vorwoche von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (VP) verraten: Mit dem "Österreichischen Strukturplan Gesundheit" soll Österreich in 32 Gesundheitsregionen und vier Versorgungszonen eingeteilt werden, in denen das notwendige Leistungsangebot zu regeln ist. Für die Umsetzung sollen eine Bundesagentur und neun Landesagenturen zuständig sein. Wie hier die Stimmgewichtung zwischen Bund, Land und Sozialversicherung sein wird, ist noch offen.

Ziel dieser neuen Strukturen sei es laut Rauch-Kallat, die Systemgrenzen zwischen dem Spitalsbereich und dem niedergelassenen Bereich zu überwinden. Zudem sollten damit die Länder selbst für einen etwaigen Abbau von Akutbetten oder den teuren Großgeräteeinsatz verantwortlich sein.

Die Freude über so viel Föderalismus ist - abgesehen von den VP-dominierten Ländern wie Niederösterreich, Tirol oder der Steiermark - nicht gerade groß. Auch die Gesundheits-Expertin Evelyn Walter vom Wiener Institut für Pharmaökonomische Forschung hat ihre Bedenken. Die "Aufsplitterung" in Regionen würde den raumplanerischen Aspekten zu wenig Rechnung tragen, meint Walter: "Warum sollte etwa ein Patient aus Perchtoldsdorf in Niederösterreich nicht in ein spezialisiertes Spital nach Lainz fahren können, nur weil das jetzt in einer anderen Gesundheitsregion liegt?"

Rauchfreier Arbeitsplatz

Diese Novität ist nicht das einzige, was Österreichs Patientinnen und Patienten ins Haus steht - immerhin umfasst die für Herbst geplante Gesundheitsreform neben den Struktur- und Finanzfragen auch ein Paket zum Thema Innovationen (inklusive Einführung der E-Card Ende 2005), eines zur Qualitätssicherung und eines zum Thema Vorsorge.

Letzteres dürfte bei Herrn und Frau Österreicher auf besonderes Interesse stoßen: Schließlich beinhaltet es ein generelles Rauchverbot am Arbeitsplatz. Zustände wie in Irland, wo selbst die traditionellen Pubs zur qualmfreien Zone erklärt wurden, bleiben Österreichs schmauchenden Selbstzerstörern aber erspart.

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