Der Sparstift nähert sich den Pensionen

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Einsparungen im Pensionsbereich von 2,5 Milliarden Euro. Sozialpartner melden sich in der Spardebatte mit Gipfel. Neuer Verein protestiert.

"Die Politik treibt mit der Unwissenheit der Bürger beim Thema Pensionsfinanzierung ein unmoralisches Spiel.“ Walter Worresch, seit 1984 Finanzierungsberater, Gründer und Obmann des Vereins der Pensionsbeitragszahler Österreichs und Co-Autor von dessen Pensionsreports, konstatiert einiges an "Denkfehlern“ in der Systematik und in der Debatte um die Pensionen.

Streitfall faktisches Pensionsalter

Selbst wenn die Finanzierungskrise erst ab 2025 eintreten sollte, so sei doch die steigende Lebenserwartung auch für den Pensionsbezug zu berücksichtigen: Wer etwa 2037 in Pension gehe, habe eine Pensionszeit von 25 Jahren vor sich. Ob das öffentliche Umlagesystem bis ins Jahr 2062 eine Pension problemlos zahle und dies in der gegenwärtig gesetzlich vorgesehenen Höhe, sei allerdings offen, so Worresch. Der Pensionsreport warnt zudem vor einem stets schlechter werdenden Verhältnis von Beitragszahlern zu Pensionen, das absehbar in Richtung 1:1 steige. "Viel Glück dabei, jenen Beitragszahler zu finden, der bereit sein wird und es sich leisten kann, Ihnen dann Ihre gewünschten 2100 Euro Pension monatlich zu finanzieren“, meint der Pensionsreport pointiert. Den Staat als Retter in der Not, als "Retter Ihrer Pension“ zu sehen, sei angesichts der Sparpakete einerseits und der sonstigen staatlichen Finanzierungserfordernisse "eine Illusion“. Genau an einem dieser Sparpakete schnürt gegenwärtig die Bundesregierung: es wird den Pensionisten zugestellt. Sein Inhalt nimmt Konturen an.

Zwischen einem Viertel und einem Drittel des gesamten Sparpaketes von zehn Milliarden in fünf Jahren werde nach Ansicht von Andreas Khol, Obmann des ÖVP-Seniorenbundes, der Pensionsbereich beisteuern. Das entspricht nahezu den Vorschlägen, die ÖVP-Obmann Michael Spindelegger zum Jahresauftakt nach einer Klausur der Parteiführung und Regierungsmitglieder vorgelegt hatte: 2,6 von 10 Milliarden Euro sollten durch Reformen bei den Pensionen aufgebracht werden. Zu erreichen sei dies durch Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters von derzeit 58,2 Jahren um vier Jahre bis 2020 sowie durch Abschläge bei Frühpension und Zuschläge bei späterem als dem regulären Ruhestand. Die Gewerkschaft lehnt dies ab und will ihrerseits in wenigen Tagen, am 20. Jänner in Wien eine Tagung der Spitzengremien von ÖGB und AK abhalten.

ÖVP drängt auf mehr Tempo

Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund kommt in der Debatte um das Sparpaket und die Pensionsreform eine Schlüsselrolle zu: Eine Zustimmung der Sozialdemokraten zu den Paketen gegen AK und ÖGB erscheint unmöglich zu sein. Für die AK erklärte deren Präsident Herbert Tumpel bereits, die Sparvorschläge der ÖVP bei den Pensionen erschienen ihm "nicht schlüssig“. Für den ÖGB bekräftigte dessen Präsident Erich Foglar, höhere Abschläge "kommen für uns nicht in Frage“. Die Anhebung des Pensionanstrittsalters um zwei Jahre sei ohnedies vorgesehen, und die Hacklerregelung laufe faktisch 2014 aus, da Abschläge eingeführt und Anrechnungen gestrichen werden.

Andreas Khol hingegen blieb zum Wochenauftakt in einem Hintergrundgespräch bei der Linie seiner Partei: rascheres Auslaufen der Hacklerregelung und eine frühere Anhebung der Abschläge, um eine Minderung von - versicherungsmathematisch - sechs bis sieben Prozent zu erreichen. Khol erwartet zudem, dass die Regierung die Altersteilzeit in ihrer gegenwärtigen Form abschaffen werde. Dies sei zu begrüßen, denn dies sei ein "Luxusfrühpensionsmodell für Privilegierte“.Wenn Arbeitgeber ältere Mitarbeiter in Pension drängen, dann sollten die Unternehmen die halben Kosten der Frühpension bezahlen, also einen "Arbeitgeber-Malus“, zitierte die APA den Seniorenbund-Obmann.

Bei der inhaltlichen Zuspitzung hat die Bundesregierung - angesichts der an Wochenenden angesetzten jüngsten Verhandlungsrunden - nun das Tempo etwas vermindert: Das Sparpaket soll bis Ende Februar vorliegen. Ob es damit zum 1. April in Kraft treten kann, ist allerdings fraglich.

Der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer wollen jedenfalls zum erwähnten Jänner-Termin ihre Vorschläge für "soziale Gerechtigkeit“ vorlegen. Diese werden Vorschläge für die Einführung neuer und die Anhebung bestehender Steuern enthalten. Die SPÖ arbeitet - wie berichtet - an einem Modell der Erbschaftssteuer, der Besteuerung von Umwidmungsgewinnen bei Grundflächen und an einer Vermögenssteuer. Wie dramatisch der Anstieg der Finanzierungserfordernisse in der Pensionsversicherung ist, dokumentiert - nicht zuletzt - das Positionspapier der Sozialpartner aus dem Vorjahr: Bis zum Jahr 2050 kommen auf je 1000 Personen im Erwerbsalter von 15 bis 65 Jahren voraussichtlich 480 ältere und alte Personen; heute sind es erst 260. Und der Aufwand für die Bundesmittel zu den gesetzlichen Pensionen steigt von 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2009 bis 2030 auf 4,9 Prozent und bis 2050 auf 6 Prozent des BIP an. Im Klartext: Die Aufwendungen für Pensionen durch Steuerzahler und durch Beitragszahler steigen enorm an - außer die Kosten für gesetzliche Pensionen werden eingedämmt.

Unterdessen werden die Reparaturen an den Pensionskassen fortgesetzt - allerdings unter begleitender Kritik von AK und ÖGB. Die Arbeitnehmervertreter begrüßten in ihrer Stellungnahme zur Pensionskassen-Reform diese Woche die neue Option für Versicherungsnehmer, in eine Sicherheits-Veranlagungs- und Risikogemeinschaft wechseln zu können. Das bedeute ein Pensionsgarantie, doch es fehle noch eine Lösung für jene Bezieher von Firmenrenten, die durch sinkende Börsenkurse geschädigt worden seien.

Verein warnt wegen Kürzung

Von der Politik fordert der Verein der Pensionsbeitragszahler zweierlei: "Rasche und massive Eingriffe in das bestehende Pensionssystem, denn nur so kann es langfristig erhalten werden“, sagt Walter Worresch. Die Erlöse aus Einsparungen sollten zur Entlastung der aktiven Beitragszahler verwendet werden. Der Pensionsreport des Vereines ( www.diepensionsbeitragszahler.at) zeichnet bereits ein düsteres Bild der Pensionsversicherung. Die Regelungen seien in den letzten Jahren ständig komplizierter und komplexer geworden, kaum mehr verständlich. Die Berechnungen aus Zu- und Abschlägen, Steigerungsbeträgen und Durchrechnungszeiträumen seien schwierig nachzuvollziehen. Faktum sei, dass heute unter 55 Jahre alte Personen gegenüber der früheren Rechtslage mit einer um bis zur Hälfte niedrigeren Pension rechnen müssten. Zeitgerechte Privatvorsorge, so Worrasch, sei daher geboten.

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