Der Umwelt-Teufelskreis

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Ich wollte es besonders attraktiv machen. In meiner Gemeinde hatte ich zu einem Umweltabend eingeladen. Hatte große Plakate gedruckt ("Die Erde klagt uns an!"), hunderte Flugzettel verteilt, eine höchst angesehene Referentin gewonnen. Klimawandel war mein Thema -zehn Tage vor dem Klimagipfel in Paris.

Am Abend des Vortrags aber hätte ich mich gern vor Scham verkrochen: 25 Menschen waren erschienen. Nie zuvor hatte meine Veranstaltungsreihe so wenige Besucher.

Zum Auftakt des Pariser Gipfels haben Umwelt-Aktivisten dann ihre Anliegen weltweit auf die Straße getragen. Hunderttausende waren unterwegs -nur in Wien waren es gerade 900 Aufrechte.

Seither grüble ich, warum das selbsternannte Öko-Vorzeigeland Österreich diese größte Zukunftsfrage der Menschheit mit einem solchen Desinteresse straft.

Weil wir auf unseren eigenen Schmäh hereinfallen? Weil sich die großen Klima-Katastrophen noch weitab von uns abspielen? Weil schon so lange darüber geredet wird -und lähmender Überdruss die globalen Dramen überdeckt? Weil Terror und Krieg in den Medien so viel besser verkaufbar sind als unsere Gewalt gegen Natur, Mitmenschen -und künftige Generationen?

Dabei ist unbestritten: Selbst in diesem Schreckensjahr 2015 gab es mehr Klimatote als Kriegs- und Terroropfer, mehr Klima-als Kriegsflüchtlinge! Die Weltgesundheitsorganisation zählte im Jahr 2014 ca. sieben Millionen Tote infolge Umweltverschmutzung, davon 400.000 in Europa.

Nichts anderes aber ist sosehr unser gemeinsames Gut -und unsere gemeinsame Verantwortung -wie unser Klima. Und jeder von uns ist Teil dieses Teufelskreises -mit allem, was unsere Lebensgrundlage vernichtet: Temperatur-Anstieg, Schmelzen der Polkappen und Hochgebirgsflächen, Vergiftung der Böden, Rückkehr der Wüsten, Zerstörung der Regenwälder, Müllberge, Abgase

Die Welt sind wir alle

Papst Franziskus hat es in seiner großartigen Umwelt-Enzyklika klar wir nie zuvor gemacht: Ökologie und Armut sind untrennbar verbunden. Und: Ein ungebremster Klimawandel treibt in den nächsten 15 Jahren weitere 100 Millionen Menschen ins Elend.

Und wir? Unsere Augen ruhen sehr schnell auf den großen "Sündern" Amerika und China. Aber bis zu 80 Prozent unserer CO2-Emissionen müssten auch wir einsparen, um unseren Beitrag zu leisten, die Erderwärmung bis 2050 auf nur zwei Grad zu begrenzen. Das heißt: Andere Häuser müssten wir bauen. Diesel müssten wir besteuern. Anders heizen müssten wir, Subventionen ändern usw. usw.

Am Freitag geht der Pariser Gipfel zu Ende. Mit einem globalen Gelöbnis - oder einem weiteren Bauchfleck. Beides ist möglich. "Die Welt muss endlich handeln", heißt es. Das ist richtig und falsch zugleich. Wir alle müssten handeln. Das aber tut die kleine und große Politik nur dann, wenn sie Druck von unten spürt. Den aber spürt sie noch immer viel zu wenig!

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