Die "Babyklappe" - eine vernünftige Hilfe

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Neugeborenes in Toilette abgelegt" - eine gar nicht seltene Schlagzeile in den letzten Monaten, in Österreich und anderswo. Neben der hektischen Suche nach den Müttern - von den Vätern, die es ja auch geben muß, ist kaum einmal die Rede - setzen prompt ideologische Auseinandersetzungen zwischen Sozial- und FamilienpolitikerInnen ein: "Babyklappen" werden propagiert, das heißt, die Möglichkeit, Säuglinge ungefährdet und unbeobachtet in einem (Kinder-)Krankenhaus zu deponieren, die Möglichkeit zu anonymen Entbindungen und zur Zurücklassung des Kindes in Kliniken wird ventiliert, vereinfachte Adpotionsgesetze und Pflegeplatzregelungen werden ebenso gefordert wie bessere Schwangerenbetreuung und Alleinerzieherinnenunterstützung. Und statt alles das oder zumindest einiges so schnell wie möglich zu realisieren, besteht die Gefahr, daß die politische Debatte wieder im Niemandsland zwischen Verhütungsmoralisten, Abtreibungsbefürwortern und Kinderscheckausstellern versandet.

Vielleicht sollte man sich einmal der Realität stellen: ungewollte und ungeplante Schwangerschaften sind auch durch die beste Aufklärung und Prophylaxe nie völlig zu verhindern, und unerwünschte Kinder kann es auch bei perfekter und umfassender Familienpolitik geben. Lebenssituationen, Partner- und Familienkonstellationen können der Entscheidung zum Kind zu manchen Zeitpunkten diametral entgegenstehen. Es ist dann eigentlich unerheblich, mit welcher Motivation man Lösungen anbietet: Wert des (auch ungeborenen)Lebens, gesellschaftliche Solidarverantwortlichkeit oder Sicherung des Pensionssystems - sofern Lösungen nicht halbherzig und scheinheilig sind.

Halbherzig sind Maßnahmen, die letztendlich doch zur Ausforschung der Mutter beziehungsweise dazu benützt werden können, sie zu bedrängen und ihren Entschluß zu revidieren; scheinheilig sind Hilfsangebote, wenn sie sich nur auf die Säuglings- und Kleinkindphase beziehungsweise materielle Hilfen erstrecken. Die Weglegung eines Kindes erfolgt in der Regel in einer psychischen Grenzsituation - das Angebot von Babyklappen erfordert daher auch anonyme therapeutische Hilfseinrichtungen und eine "Enttabuisierung" von Adoptionsfreigabe beziehungweise der Inanspruchnahme von Pflegefamilien. Und die Unterstützung von Alleinerziehern und Mehrkinderfamilien muß zeitlich und finanziell realistisch bemessen sein und auch sozialpädagogische Begleitung umfassen (grössere Kinder sind oft nicht nur "teurer", sondern auch "schwieriger").

Was Politik allerdings nicht leisten kann: die Aufmerksamkeit und das Verständnis, wenn ein Mädchen oder eine Frau plötzlich "verändert" ist, Beziehungsprobleme hat, sich zurückzieht, depressiv wirkt, zunimmt oder sich anders kleidet ... Hier sind Eltern, Freunde, Schul-und Arbeitskollegen gefordert.

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

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