Die Betreuung den Profis überlassen

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Die Flüchtlingsbetreuung stößt teilweise an ihre Grenzen, darum müssen wir über eine Weiterentwicklung nachdenken.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben seit dem Zweiten Weltkrieg immer wieder eindrucksvoll ihre Hilfsbereitschaft unter Beweis gestellt. In zahlreichen Krisenherden dieser Welt haben engagierte Menschen entweder selbst vor Ort oder finanziell ihren ganz persönlichen Beitrag geleistet. Gerade in der Vorweihnachts-Zeit - die Aktion "Licht ins Dunkel" ist vor wenigen Tagen angelaufen - öffnen Menschen und Organisationen immer wieder ihr Herz für die Not anderer. Viele kirchliche und private Organisationen sind es, die sich immer wieder in beispielloser Art für den Dienst am Nächsten einsetzen und den Ärmsten der Armen Hoffnung und Zuversicht geben.

Es sind wahre Profis der Betreuung, der Fürsorge und der Nächstenliebe. Solche Profis sind gerade in Österreich am Werk, wenn es darum geht, Menschen, die auf der Flucht sind und in ihrer Verzweiflung ihre Heimat verlassen haben, zu helfen. Tausende Flüchtlinge wurden und werden von privaten Hilfsorganisationen betreut, das ist nicht neu, sondern wird täglich praktiziert. Derzeit wird rund ein Drittel aller Flüchtlinge in der sogenannten Bundesbetreuung betreut. Mein Wunsch ist es, dass die Profis der Flüchtlingsbetreuung in Zukunft noch stärker auch in diese Bundesbetreuung eingebunden werden.

Ich habe daher die zuständige Sektion im Innenministerium beauftragt, ein entsprechendes Konzept, unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Länder wie England oder Holland, auszuarbeiten. Die Vorgaben zu einer etwaiigen teilweisen Ausgliederung der Bundesbetreuung sind klar und lassen sich am Besten durch vier zentrale Aufgaben in der Flüchtlingsarbeit abgrenzen:

* Organisation

* Betreuung

* Asylverfahren (plus Erstabklärung)

* Sicherheit

Gerade in den beiden erstgenannten Bereichen Organisation (Zimmer-Einteilung, Essensausgabe, ...) und Betreuung (rechtliche Hilfestellung, Sprachkurse, ...) arbeiten auch bisher schon viele private Organisationen höchst erfolgreich. Sie sind auf diesem Gebiet gerade im Vergleich zu manch amtlicher Stelle mit höchstem persönlichem Einsatz bei der Sache und können so den Flüchtlingen bestmögliche Betreuung zukommen lassen. Die beiden letztgenannten Bereiche sind klassische hoheitliche Aufgaben, die selbstverständlich auch in Zukunft der Staat durchzuführen hat.

Gleichzeitig habe ich aber auch eine wesentliche Beschleunigung der Erst-Aufnahme beziehungsweise Erst-Abklärung von Asylwerbern in Auftrag gegeben. Meine Vorstellung ist, dass in Zukunft innerhalb von 48 Stunden - im Ausnahmefall innerhalb von 72 Stunden - die wesentlichen Daten eines Aslywerbers aufgenommen werden. Das hebt die Verfahrensqualität und schafft rascher Klarheit für die Betroffenen.

Das Asylwesen und die Betreuung von Flüchtlingen ist eine sehr schwierige, weil konfliktträchtige, aber auch sehr wichtige Aufgabe für den Staat und seine Organisationen. Sowohl die Menschen als auch der Staat in Österreich haben sich immer wieder klar zu dieser Verantwortung bekannt und vieles geleistet. Es ist einerseits unsere Aufgabe jenen zu helfen, die anderen helfen und andererseits ist es aber auch unsere Aufgabe, darauf zu schauen, dass wir jenen helfen, die unsere Hilfe tatsächlich brauchen. In einigen Bereich stößt die Betreuung aber an ihre Grenzen, darum haben wir alle gemeinsam die Aufgabe, darüber nachzudenken, wie wir die österreichische Flüchtlingsbetreuung weiterentwickeln können.

Hier darf und wird es keine Denkverbote geben. Hier müssen wir alle gemeinsam - Staat, Kirche, NGOs und alle anderen Organisationen und Menschen, die sich für in Not geratene Menschen engagieren - zusammen arbeiten, um jenen zu helfen, die unsere Hilfe brauchen. Die Diskussion über die optimale Versorgung und die richtige Hilfe für Flüchtlinge wird es solange geben, solange Menschen aus Angst oder Not ihr Heimatland verlassen und ein neues Zuhause suchen. Im Sinne einer sinnvollen Weiterentwicklung der Flüchtlingsbetreuung wünsche ich mir für die künftige Diskussion etwas mehr Sachlichkeit und weniger Emotion.

Der Autor ist Innenminister der Republik Österreich.

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