Die dunkle Seite des Goldes

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Der Goldpreis steigt und steigt. Verunsicherte Sparer reißen sich um das Edelmetall. Minen arbeiten auf Hochtouren, internationale Goldkonzerne schreiben satte Gewinne. Doch der Goldrausch fördert oft schmutzige Geschäfte, bei denen Mensch und Natur auf der Strecke bleiben.

Alvaro Ramazzini ist ein gemütlich wirkender Mann. Doch wenn es um die Rechte der Indigenen und den Schutz der Umwelt geht, kann der Bischof von San Marcos in Guatemala energisch werden. Als Kämpfer gegen zerstörerische Bergbauprojekte in seiner Heimat hat sich der 62-Jährige auch international einen Namen gemacht. Und Feinde: Großgrundbesitzer, Industrielle, Politiker. „Es gab bereits Morddrohungen“, erzählt Ramazzini bei einem Treffen in Sipacapa. Von hier sind es wenige Kilometer bis zur Goldmine „Marlin“ des kanadischen Konzerns „Goldcorp“, eine der größten Auslandsinvestitionen in Guatemala. Das Argument von Goldcorp, die Mine schaffe Jobs, sei schon richtig, meint Ramazzini. „Aber nur für kurze Zeit und schlecht bezahlte!“ Langfristig seien die Folgen für Mensch und Natur verheerend.

Eine Goldmine ist bereits profitabel, wenn das Gestein ein oder zwei Gramm Gold pro Tonne aufweist. Die Marlin-Mine zermahlt Zigtausende Tonnen Gestein im Jahr. Dabei werden giftige Mineralien wie Arsen freigesetzt. Für einen Ehering aus Gold fallen rund zwanzig Tonnen Abfall an. In einigen Jahren ist das Vorkommen ausgebeutet. Zurück bleiben hunderte Hektar verwüstetes Land und meterhohe Abraumhalden, die beständig Schwefelsäuren abgeben.

Steuerfreiheit für den Konzern

Um das Gold aus dem Gestein zu lösen, wird hochgiftiges Zyanid eingesetzt. Die Auffangbecken voll Zyanidlösung stellen eine ökologische Zeitbombe dar. „Das Gebiet hier ist erdbebengefährdet“, erklärt Ramazzini: „Sollte ein Becken brechen, hätte das für die umliegenden Gemeinden fatale Folgen: Gewässer, Wälder und Äcker wären verseucht.“ Die Wasserversorgung der lokalen Bevölkerung sei ohnehin schon bedroht, warnt der Bischof. Rund 250.000 Liter Wasser benötigt die Mine pro Stunde.

Die Umweltstandards sind in Ländern wie Guatemala gering. Internationale Abkommen wie die Konvention zum Schutz indigener Völker werden oft ignoriert: „Die Regierung hätte uns vor der Lizenzerteilung abstimmen lassen müssen,“ meint Carlos R., ein Vertreter der indigenen Gemeinden. Doch das sei nie geschehen. „Jetzt wird unsere Natur zerstört und wir verlieren unsere Lebensgrundlage.“

Als wir von San Miguel in Richtung Marlin Mine fahren, fällt uns der gute Straßenzustand auf. „Mit freundlicher Unterstützung der Weltbank“, kommentiert Carlos. Diese bewertete die Mine als wichtig für die Entwicklung des Landes und gewährte „Montana“ einen Kredit von 45 Millionen Dollar. Der Konzern zahlt in Guatemala ein Prozent Lizenzgebühren, bekam eine fünfjährige Steuerbefreiung. 99 Prozent des Gewinnes fließen ins Ausland. Derzeit gibt es in Guatemala 550 Minenkonzessionen. Doch Bischof Ramazzini hat Hoffnung: „Ausgehend von der Mine formiert sich langsam im ganzen Land der Widerstand.“

Kleinschürfer werden vertrieben

Guatemala ist bei Weitem kein Einzelfall. Tarime liegt im ostafrikanischen Tansania, am Rande des berühmten Serengeti Nationalparks. Von Weitem schon sehen wir die riesigen Abraumhalden, als wir uns auf der staubigen Landstraße langsam der Nyamongo Goldmine nähern. Die meterhohe Kette aus zyanid- und schwermetallhaltigem Gestein säumt die Wege entlang der Dörfer, wo die Menschen in Lehmhütten ohne Strom und Fließwasser leben. Im Gegensatz zu den Dörfern ist man am Gelände der „Nyamongo“-Mine bestens ausgerüstet. Die Fachkräfte und Maschinen kommen großteils aus dem Ausland. Wie in Guatemala erhalten Einheimische die schlecht bezahlten Hilfsarbeiterjobs.

In unmittelbarer Nähe der Mine passieren wir ein Flugfeld. „Von hier starten die Flugzeuge mit dem Gold ins Ausland“, erklärt unsere Begleiterin Tumaini Matutu: Die Mine gehört dem kanadischen Minengiganten „Barrick“, in dessen Vorstand auch ehemalige kanadische Minister sitzen. Die Kleinschürfer, die es traditionell hier gab, wurden vertrieben, ebenso tausende Kleinbauern, deren Felder auf dem Gebiet der Mine lagen.

Den Widerstand der lokalen Bevölkerung gegen die Goldmine bekämpfte Barrick mit einer Reihe von Klagen, bei denen der Konzern auf ihm gewogene Politiker, Richter und Polizisten bauen kann. Die Dorfbewohner fühlen sich vom „Sicherheitsdienst“ der Mine bedroht. Es kam bereits zu mehreren gewaltsamen Todesfällen. Vor zehn Jahren lebten in Tansania noch mehr als eine halbe Million Menschen vom Goldabbau. Sie verwendeten einfache Techniken und schufen kleine Einkommen für viele. Seither wurden hunderttausende Kleinschürfer ihrer Existenzgrundlage beraubt. In den letzten fünf Jahren hat Tansania Gold im Wert von rund 2,5 Milliarden Dollar exportiert. Obwohl die Multis enorme Gewinne aus dem Gold schöpfen, verbleiben nicht einmal zehn Prozent davon durch Lizenzen und Steuern im Land.

Gold wird zum Ressourcen-Fluch

Doch es regt sich Widerstand: Die Juristenorganisation LEAT kämpft seit Jahren für die Rechte der Kleinbauern und -schürfer in Tansania. „Wir beraten Betroffene, zeigen die Korruption bei der Lizenzvergabe auf und verhandeln um Entschädigungen bei Enteignung“, erklärt Tundu Lissu von LEAT. Gewonnene Prozesse und der Druck der Öffentlichkeit führten dazu, dass der Staatspräsident im Vorjahr ein Komitee zur Überprüfung der Minengesetze und -verträge gründete. Das Minengesetz in Tansania müsse reformiert werden, fordert Lissu: „Es muss garantiert werden, dass der Profit aus dem Goldabbau viel stärker der Wirtschaft und den Menschen in Tansania zugute kommt.“

Guatemala und Tansania: Zwei Länder von vielen, in denen sich die dunkle Seite des Goldes offenbart. Wie das begehrte Edelmetall bedeuten viele andere „Reichtümer“ für Entwicklungsländer mehr Fluch als Segen: Diamanten, Erdöl, Fisch, Früchte, Kaffee... – es ist ein brutales System der Ausbeutung von Mensch und Natur um jeden Preis. Doch in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für ungerechte Produktions- und Handelsstrukturen gestiegen, wie das Wachstum der Fairtrade-Bewegung in Europa beweist. So gibt es nun auch Initiativen für „fair gehandeltes Gold“, welches sozial- und umweltverträglich gewonnen wird. Mit Vorteilen für Kleinproduzenten und Kunden.

www.faire-edelsteine.de

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