"Die mag ich noch viel weniger"

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Die Wiener Scheidungsanwältin Helene Klaar über ihre Abneigung gegenüber den "neuen Männern", das neue "Samenverfolgungsrecht" und handgreifliche Frauen.

Die Furche: Wie oft haben Sie als Scheidungsanwältin mit Männertypen à la Gunnar Prokop zu tun?

Helene Klaar: In höchstens der Hälfte der Fälle. Es ist nicht mehr wirklich Mainstream. Wobei mir diese Art von Machos gar nicht mehr so zuwider ist wie früher. Die neuen Männer mag ich viel weniger.

Die Furche: Warum?

Klaar: Die Machos reduzieren zwar die Frau auf Küche und Kinderkriegen, aber dafür ist es ihnen doch geläufig, dass sie dazu verpflichtet sind, für das Geld zu sorgen und arbeiten zu gehen. Die neuen Männer gehen mit ihrer Frau in den Geburtsvorbereitungskurs, erklären ihr, wie man bei der Entbindung zu atmen hat, vermitteln ihr, dass sie zu dumm ist, ein Kind zu stillen und zu wickeln, und werden arbeitslos, ohne die Aufgaben eines Hausmannes zu übernehmen.

Die Furche: Was sagen Sie dazu, dass sich immer mehr Männer als Scheidungsverlierer fühlen?

Klaar: Das haben ein paar männliche Journalisten in die Welt gesetzt. Ich mag das gar nicht diskutieren, denn wenn ein Mann, der verdient und Frau und zwei Kinder hat, für diese nach der Scheidung die Hälfte seines Einkommens an Unterhalt zahlen muss, dann ist das zwar bedauerlich für ihn, aber ihm bleibt die Hälfte und die Frau und die Kinder haben auch die Hälfte. Ich frage mich, wer hier ärmer ist.

Die Furche: Sie haben sich immer gegen die gemeinsame Obsorge ausgesprochen. Warum?

Klaar: Obsorge bedeutet, die volle Verantwortung für ein Kind zu haben - und da gibt es bei den Vätern überhaupt kein Gedränge. Ein Kind rund um die Uhr zu betreuen - nach der Arbeit sofort nach Hause und unterwegs einkaufen und neben Kochen und Geschirrabwaschen Hausaufgaben anschauen - darum stellen sich die Männer ja nicht in Schlangen an. In Wirklichkeit geht es um Mitsprache, Einmischung und Kontaktmöglichkeiten nach Lust und Laune des Vaters ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Rumpffamilie.

Die Furche: Die Debatte um die "armen Männer" hat durch die Forderung der deutschen Justizministerin, heimliche Vaterschaftstests mit Strafe zu belegen, neuen Schwung bekommen. Würden Sie diesen Vorstoß unterstützen?

Klaar: Ich sehe hier überhaupt keinen Regelungsbedarf. Männer, die unsicher sind, versuchen manchmal einen Vaterschaftstest zu machen, ohne dass es die Mutter erfährt. Das zerstört natürlich ein bisschen die Vertrauensbasis zwischen Vater und Mutter, aber ich finde nichts so Verwerfliches daran, dass sich jemand über eine so wesentliche Frage wie die Abstammung Gewissheit verschaffen will. Dann würde man sich vielleicht sinnlose Verfahren ersparen, wo ältere, bösartige Männer klagen, weil sie schon immer geglaubt haben, dass ihre erwachsenen Kinder eigentlich vom Pfarrer sind. Schlimmer finde ich die neue Novelle (im Abstammungsrecht; Anm.), wo so etwas wie ein "Samenverfolgungsrecht" eingeführt wurde. Dass jemand Außenstehender, der sich denkt: "Ich weiß nicht, ich weiß nicht, der Bub schaut mir so ähnlich", das Recht hat, gerichtliche Schritte zu setzen, um seine Vaterschaft zu enttarnen - auch wenn es keiner will. Das kann ja nur darauf hinauslaufen, dass die verheiratete Frau, die einmal einen Fehltritt begangen hat, einer Erpressung ausgeliefert ist. Denn wenn sie drei Kinder hat, und das mittlere ist vom Briefträger, wer hat da Interesse daran, dass das publik wird?

Die Furche: Vielleicht das Kind, um seinen genetischen Vater zu kennen...

Klaar: Einen Vater, den es gar nicht kennt? Angenommen, es stellt sich heraus, dass eh alle drei Kinder vom Vater sind - und der Briefträger wäre nur ein Gelegenheitsverhältnis gewesen, aber nicht der Vater -, dann wäre das Familienleben auf Dauer gefährdet.

Die Furche: Wie oft kommt es in Ihren Fällen vor, dass Frauen handgreiflich werden?

Klaar: Hier hatte ich einen Fall, dem ging aber eine jahrelange Gewaltausübung durch den Mann voraus. Die Frau hat das in die schönen Worte gekleidet, die mir unvergesslich sind: "Zehn Jahre habe ich mich hauen lassen, und dann bin ich draufgekommen, dass ich selber auch groß und stark bin."

Die Furche: In diversen Studien wird aber betont, dass Frauen fast ebenso häufig zuschlagen wie Männer?

Klaar: Das glaube ich nicht. Ich habe noch keinen Klienten vertreten, der sich vor seiner Frau gefürchtet hätte. Wohl habe ich Klienten vertreten, die gesagt haben, dass die Frau ihnen im Streit irgend etwas nachwirft oder sie kratzt oder ihnen an die Gurgel springt und sie versuchen, so schell wie möglich aus dem Zimmer zu kommen, ohne eine nennenswerte Gegenwehr zu leisten.

Die Furche: Können Sie verstehen, dass sich Männer ihrer Geschlechtsidentität immer unsicherer sind?

Klaar: Nein.

Die Furche: Sie selbst sind seit 1977 verheiratet - eine lange Zeit bei einer Scheidungsrate von 46 Prozent. Können Sie ihren Mann einem bestimmten Typus zuordnen?

Klaar: Nein, er ist ein Individuum. Ein liebenswertes Individuum - gescheit, witzig, selbstbewusst.

Das Gespräch führte Doris Helmberger.

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