Die Mittel und die Schule

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Claudia Schmied will also keine zusätzlichen Gelder für den Ausbau der AHS-Unterstufe freigeben. "Ich investiere nicht in den Ausbau von AHS-Standorten“, hielt sie trocken fest. Das Geld braucht sie nämlich für ihr Lieblings- und Prestigeprojekt, die Neue Mittelschule. Und außerdem geht sie davon aus, dass ohnehin in absehbarer Zeit die gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen kommen werde. "Wahrscheinlich nicht morgen“, räumte sie bei einer Großveranstaltung im Wiener Austria Center ein - gut Ding braucht Weile. Dafür nahm sie gerne Anleihe bei Barack Obama: "Yes, we can“ - oder, wie es heuer heißt: "Forward“ (das italienische Pendant zu "Forward“ lautet übrigens "Forza“ - aber das ist bzw. war eine andere Geschichte …).

So, und was ist da jetzt neu oder überraschend daran? Eben, genau nichts. Jedem politisch einigermaßen Wachen musste klar sein, dass die Neue Mittelschule für die Unterrichtsministerin nur eine Zwischenstufe auf dem Weg zur gemeinsamen Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen darstellt, die unter dem Titel "Gesamtschule“ eines der zentralen bildungspolitischen Ziele der SPÖ und einen Fixstern am sozialistischen bzw. sozialdemokratischen Ideenhimmel darstellt.

Seltsame VP-Empörung

Nur die ÖVP reagiert zwischen verwundert und empört: Generalsekretär Johannes Rauch verweist auf die starke Nachfrage nach AHS-Plätzen und spricht vom "Ideologietrommelfeuer“ der Unterrichtsministerin. Geschenkt - aber vielleicht sollte Rauch nachlesen, was sein Parteichef seinerzeit zur Neuen Mittelschule von sich gegeben hat. Von einem "sehr wichtigen reformatorischen Vorhaben“ und einem "Kernstück“ in einer neuen Bildungslandschaft sprach Michael Spindelegger Ende Dezember des Vorjahres, als das Gesetz den Ministerrat passierte. Dafür gab es auch Lob vom Kanzler, der sich über die Einigung damals hoch erfreut zeigte.

Die ÖVP hat sich diese Einigung immer schöngeredet mit der Formel "die Neue Mittelschule kommt, das Gymnasium bleibt“. Ob man das selbst geglaubt hat in der Lichtenfelsgasse? Schwer zu sagen - aber möglich ist es, im Zweifelsfall funktioniert die Selbstinfektion mit dem eigenen Schmäh immer (wahrscheinlich geht es als Zweiter in einer Großen Koalition gar nicht ohne; und darin - als Zweiter in Großen Koalitionen - hat die ÖVP ja einige Erfahrung).

Kampf um die falschen Dinge

Das Beispiel ist symptomatisch. Die Schulpolitik ist ein weiteres jener Felder, welche die ÖVP mangels Strategie, politischer Klugheit oder was auch immer (siehe oben) über kurz oder lang wird räumen müssen oder schon geräumt hat. Das gilt für die Medienpolitik (insbesondere den ORF), für die Justiz - und eben auch für die Bildung (wo immerhin mit Wissenschaftsminister Töchterle jemand am Ruder ist, der Mut zur eigenen Meinung hat). Dafür investiert man viel Energie in die falschen Dinge - wie etwa jetzt den Widerstand oder besser die Hinhaltetaktik gegen das Transparenzpaket. Da geht es halt offensichtlich um die wirklich wichtigen Dinge …

Demnächst jährt sich die Parteiobmannschaft Michael Spindeleggers zum ersten Mal. Man kann nicht sagen, es mangle ihm an Authentizität, Aufrichtigkeit und gutem Willen. Aber dass er der noch immer auf allen Kanälen wie geschmiert laufenden Machterhaltungsmaschine der SPÖ gewachsen wäre, ließ er bisher auch nicht ansatzweise erkennen. In Zukunft dürfte das - nicht zuletzt angesichts gesamteuropäischer Entwicklungen - nicht eben leichter werden.

Das ist natürlich zunächst einmal das Problem der ÖVP. Wenn man aber ein paar weitere Gedankenschleifen zieht und angesichts der Lage der ÖVP über Perspektiven nach den nächsten Wahlen nachdenkt, wird daraus recht schnell ein allgemein demokratiepolitisches Problem.

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