Auslandsburgenländer: Die Onkel aus Amerika
Bis vor kurzem galt Chicago als "größte Stadt des Burgenlandes": Nicht nur dies zeugt davon, dass die Burgenländer Österreichs stärkste Auswanderergruppe darstellen. Manche davon kommen immer wieder in die alte Heimat.
Bis vor kurzem galt Chicago als "größte Stadt des Burgenlandes": Nicht nur dies zeugt davon, dass die Burgenländer Österreichs stärkste Auswanderergruppe darstellen. Manche davon kommen immer wieder in die alte Heimat.
Mei Heimat, honestly, mei Heimat is immer des Burgenland blieb'n. Amerika is just der Plotz, wo i leb." Fred Steiner (Onkel Fred), 92-jähriger Auslandsburgenländer, der in New York lebt und jedes Jahr für drei Monate zu Besuch ins Burgenland zu Besuch kommt, gilt derzeit als ältester Auslandsburgenländer, das ist aber nicht belegt.
Seit 1961 treffen sich die Auslandsburgenländer Jahr für Jahr an einem Sonntag im Juli beim "Picnic der Burgenländischen Gemeinschaft" in der "alten Heimat". Heuer war es am 14. Juli so weit – in Moschendorf, einer der zahlreichen Ortschaften des Burgenlandes, die mehr Ortskinder in Amerika als "zu Hause" hat. Weit mehr als hunderttausend Burgenländer und ihre Nachkommen leben derzeit jenseits des Atlantiks, die meisten in den Gebieten zwischen Chicago und Detroit sowie in Pennsylvania und New York.
Das Burgenland ist das bedeutendste Auswandererland Österreichs und nimmt auch im gesamteuropäischen Vergleich einen Spitzenplatz ein. Denn die Amerikawanderung der Burgenländer ist in ihrem Umfang sowohl für Österreich als auch im europäischen Maßstab beachtlich; für die Geschichte des Landes ist die Tatsache der Existenz eines "anderen Burgenlandes" auf dem amerikanischen Kontinent von großer Bedeutung.
Die regelrechte Massenauswanderung der Burgenländer führte sogar zu einer partiellen Depopulation des Landes. In der Zeit rund um die Angliederung des ehemaligen Deutsch-Westungarn in den Jahren zwischen 1919 und 1923 kam jeder elfte deutschsprachige Einwanderer in die Vereinigten Staaten aus dem südburgenländischen Güssing! Im Jahr 1939 lebten mehr als 20 Prozent der Bevölkerung des Bezirkes - also jeder Fünfte - in den USA!
Anhaltende Existenzkrisen
Was lockte die Burgenländer in so hohem Maße nach Amerika? Was vertrieb sie aus der Heimat? Einer der zahlreichen Gründe war die Agrarstruktur mit einer extrem großen Zahl an bäuerlichen Klein- und Kleinstbetrieben. Die traditionelle Erbteilung führte zu einer regelrechten Existenzkrise des Bauerntums. Dazu kam, dass die Angliederung des ehemaligen Deutsch-Westungarn an Österreich im Jahr 1921 vor allem rund um die alte Hauptstadt Sopron/Ödenburg und im jahrelang umkämpften Pinkatal eine Stimmung schuf, die für die Auswanderung förderlich war.
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