"Die Polizei ist schwach"

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Alexandru Jonas, SECI Bukarest, zu Frauenhandel, den Stärken der Mafia und österreichischem Gefängnisbau in Rumänien.

Die Furche: Die Opfer des Frauenhandels in Österreich kommen vorwiegend aus Rumänien, Bulgarien und der Ukraine. Was wird in diesen Ländern gegen den Frauenhandel unternommen?

Alexandru Jonas: Zuerst müssen wir die Mentalität unserer Grenzpolizisten und unserer Zöllner zu ändern versuchen. Nach wie vor sieht ein Großteil unserer Polizisten diese Frauen und Prostituierte generell als Kriminelle und nicht als Opfer.

Die Furche: Immer wieder heißt es, die Frauen würden mit falschen Versprechungen in den Westen gelockt. Wird da von öffentlicher Seite her zuwenig Aufklärungsarbeit betrieben?

Jonas: Wir betreiben Aufklärung, wir schalten Anzeigen in den Zeitungen, es laufen im Rundfunk Aufklärungsspots, die deutlich beschreiben, was die Frauen im Westen erwartet. Aber so einfach ist das nicht: 80 Prozent der Frauen wissen sehr wohl, wohin sie gehen und was sie erwartet - und sie machen es trotzdem. Warum? Sie brauchen das Geld.

Die Furche: Den Frauen fehlt es an einer Alternative?

Jonas: Ja, das sieht man ja auch daran, dass wir Frauen immer wieder Rückkehrhilfe anbieten, viele aber gar nicht zurück wollen. Oder sagen wir besser: Viele können nicht zurück, weil es zu Hause einfach keine Beschäftigung für sie gibt.

Die Furche: Ohne eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ist also keine effiziente Bekämpfung des Menschenhandels möglich?

Jonas: Ganz sicher, der Anstieg von Kriminalität in Südosteuropa hängt ja auch generell mit unserer schwachen Wirtschaft zusammen. Armut hat sicher einen wesentlichen Anteil an der steigenden Kriminalität - und Armutsbekämpfung ist die wirksamste Verbrechensbekämpfung

Die Furche: Ist die Polizei in Ost- und Südosteuropa für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ausreichend gerüstet?

Jonas: Die Organisierte Kriminalität ist hervorragend organisiert, auf jeden Fall besser organisiert als wir. Sie haben die besten Anwälte, ihre finanziellen Möglichkeiten sind unbegrenzt. Unsere Polizei ist schwach ausgerüstet, schwach bezahlt und deswegen schwach motiviert. Außerdem: Wir haben es in unserem Raum mit zwölf verschiedenen Ländern zu tun - und Grenzen sind nach wie vor Hindernisse für die Polizei, aber nicht für das organisierte Verbrechen. Hinzu kommt, dass wir in der Region zwei schwarze Löcher haben: Kosovo und Transnistrien - und die sind mindestens so gefährlich und undurchschaubar wie ihre Vorbilder im Weltall.

Die Furche: Was halten Sie von dem Plan, dass Österreich Gefängnisse in Rumänien baut und rumänische Kriminelle in ihre Heimat zurückschickt?

Jonas: Ich halte die Idee für originell und ich meine auch, damit ist beiden Ländern geholfen: Für Österreich kommt es günstiger, Häftlinge in ihre Heimat zurückzuschicken. Und für Rumänien ist es auch interessant, diese Kriminellen bei sich zu haben. Wir erhalten von ihnen Informationen und ich meine, dass Bewährungshilfe auch eine kulturelle Frage ist, die in den Heimatländern, besser bewältigt werden kann.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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