Die Queen: Kronjubiläum einer Projektionsfigur
Dieser Tage feiert Großbritannien das 70. Thronjubiläum der Queen - und damit vor allem das eigene Selbstverständnis. Über eine 96-Jährige, deren surreale Lebenswelt die Massen fasziniert.
Dieser Tage feiert Großbritannien das 70. Thronjubiläum der Queen - und damit vor allem das eigene Selbstverständnis. Über eine 96-Jährige, deren surreale Lebenswelt die Massen fasziniert.
Ob als Witzfigur in dem Achtziger-Jahre-Klamauk „Die nackte Kanone“ oder als Hauptfigur in der modernen Drama-Serie „The Crown“: Elizabeth II., Souveränin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, ist unter allen noch lebenden Personen vermutlich diejenige, die am häufigsten als Figur in Film und Fernsehen Eingang gefunden hat. Die reale Queen ist, wenn man den Hofberichterstattern glaubt, eine begeisterte TV-Konsumentin. Angeblich ist sie ein großer Fan der Serie „Downton Abbey“, die vom Schicksal einer britischen Adelsfamilie und deren Dienerschaft handelt, ist aber auch in die Science-Fiction-Serie „Doctor Who“ hineingekippt, die in der britischen Populärkultur eine kaum zu unterschätzende Rolle spielt.
Die Vorstellung, dass sich Königin Elisabeth auch Serien oder Filme ansieht, in denen sie selbst von einer Schauspielerin verkörpert wird, ist äußerst reizvoll: Ob sie vielleicht „The Crown“ gesehen hat? Ärgert sie sich darüber, dass ihr persönlicher Blick auf die eigene Vergangenheit nicht mit der Phantasie der Serienmacher übereinstimmt? Oder erkennt sie, dass sie in der Serie als Projektionsfläche für die Verfasstheit des Menschen und universelle zwischenmenschliche Konflikte dient?
Im Spiegel der (TV)-Geschichte
Dieser Tage begeht Elizabeth ihr 70. Thronjubiläum. Noch nie zuvor stand ein britischer Herrscher über so lange Zeit an der Spitze des Staates. Die Fernsehanstalten in Großbritannien und auch in vielen anderen Ländern widmen der Jubilarin ausführliche Sendungsschwerpunkte und Sonderprogramme. In der heutigen Zeit ist das nichts Außergewöhnliches, allerdings ist das Verhältnis zwischen der Queen und dem Fernsehen seit jeher ein ganz besonderes. Ihre Krönung am 2. Juni 1952 in der Westminster Abbey war das erste Großereignis, das im damals noch jungen Medium Fernsehen weltweit live übertragen wurde – ein Meilenstein der Fernsehgeschichte.
Dies geschah auf ausdrücklichen Wunsch Elizabeths. Premierminister Winston Churchill war dagegen, weil seiner Meinung nach moderner Schnickschnack wie Kameras und Übertragungstechnik in einer würdevollen Zeremonie nichts verloren hatte, doch die junge Monarchin setzte sich gegen den Silberrücken durch.
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