Die "sanfte" Krebstherapie

19451960198020002020

Ein Auffangnetz für Krebspatienten bietet die Initiative "Knospe" im Wiener Wilhelminenspital.

19451960198020002020

Ein Auffangnetz für Krebspatienten bietet die Initiative "Knospe" im Wiener Wilhelminenspital.

Werbung
Werbung
Werbung

Krebs verändert - nicht nur körperlich, sondern auch die Seele und das soziale Umfeld, in dem die Betroffenen leben. Gewöhnlich bleibt nach der Diagnosestellung nichts mehr beim alten. Plötzlich tauchen neue, bisher unbekannte Gefühle, Ängste, Sorgen, Sehnsüchte und Wünsche auf. Auf einmal geraten Wertvorstellungen ins Wanken, Beziehungen treten in ein neues Licht, Zukunft und Vergangenheit erlangen eine andere Bedeutung." Universitätsprofessor Heinrich Salzer, Leiter der Gynäkologisch-Geburtshilflichen Abteilung des Wilhelminenspitals, weiß auf Grund seiner jahrelangen Erfahrung um die seelische Belastung, Hilflosigkeit und Ängste während und nach einer Tumorerkrankung.

Die Diagnose Krebs ist für betroffene Menschen meist ein Schlag aus heiterem Himmel und auch für Verwandte und Freunde mit viel Leid verbunden. Salzer: "Vor allem aber sind Tumorpatienten plötzlich mit vielen Fragen - existentiell und alltäglich - konfrontiert, die es vorher in ihrem Leben vielleicht noch gar nicht gegeben hat. Antworten darauf gab es bisher nur durch maximale Eigeninitiative, die gerade in dieser Situation die Betroffenen oft in vielerlei Hinsicht überforderte." Ein stützendes Auffangnetz ist in dieser Zeit daher besonders wichtig.

Ein solches Auffangnetz für Krebspatienten ist die Initiative "knospe". Ein Helferteam, bestehend aus Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen und Psychotherapeutinnen bietet ein ganzheitliches Konzept zur Krebsbehandlung im Wiener Wilhelminenspital an. "Die knospe will ein Symbol sein: einerseits für Zartheit, Weiblichkeit und Wärme, andererseits aber auch ein Symbol für Aufbruch und Neubeginn zu einem Leben nach der Diagnose Krebs," erklärt Salzer. Der kranke Mensch soll in seiner Gesamtheit gesehen werden: mit seinem Körper, seiner Seele und in seinem individuellen Umfeld.

Das Konzept zu dieser ganzheitlichen Onkologie entstand aus jahrelanger Erfahrung in der Betreuung von Tumorpatienten. War die "knospe" ursprünglich nur für gynäkologische Patientinnen gedacht, so bietet sie ihre Dienste mittlerweile allen Tumorkranken sowie deren Angehörigen an.

Ein weiterführendes Projekt im Wilhelminenspital ist die "Sanfte Chemotherapie". Es ist der Versuch, den ganzheitlichen Ansatz der "knospe" im Routinebetrieb des Krankenhausalltages zu realisieren, erklärt Michaela Riegler-Keil, Initiatorin des Projektes und Ärztin an der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe des Wilhelminenspitals. Zielgruppe sind Brustkrebspatientinnen, die sich einer ambulanten Chemo- beziehungsweise Strahlentherapie, zum Schutz vor dem Wiederauftreten der Erkrankung, unterziehen.

Begleitendes Team Die betroffenen Frauen erhalten ihre Therapie im Rahmen von Tagesaufnahmen über einen Zeitraum von rund sieben Monaten entsprechend dem internationalem Standard. "Sanft" wird die Therapie erst durch die spezielle Betreuung, die den Frauen geboten wird. "Patientinnen erleben das Krankenhaus häufig als einen Ort der Angst.

Wenn dies auch noch unter dem Gesichtspunkt einer Krebserkrankung erfolgt, dann kann schiere Todesangst ausgelöst werden", berichtet Riegler-Keil. "Aus vielen Gesprächen mit Patientinnen haben wir versucht, eine möglichst angstfreie Atmosphäre zu schaffen."

Daraus ist das "Therapie-Wohnzimmer" entstanden: ein Ort, an dem möglichst wenig an das herkömmliche Spitalsambiente erinnern soll, denn selbst der Anblick von Krankenhausinventar vermag scheinbare Therapienebenwirkungen auszulösen, so Riegler-Keil.

Weiters steht den Patientinnen eine intensive psychologische Betreuung zur Verfügung. Wert wird darauf gelegt, daß das begleitende Team von der Diagnosestellung bis zum Therapieende nicht wechselt. Damit kann ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Patientinnen und Betreuerinnen aufgebaut werden. Ausführliche Information vor Beginn der eigentlichen Strahlentherapie soll die Angst vor Unbekanntem nehmen. "Ist es schließlich mit der Strahlentherapie soweit, wird die Patientin von einem vertrauten Gesicht empfangen. Dicke Strahlenschutztüren und große, hochtechnische Geräte verlieren so - menschlich gut aufgehoben - ihren Schrecken," ist die Ärztin überzeugt.

Informationsabend: jeden ersten Mittwoch im Monat, 19 Uhr im Mehrzweckraum des neuen Verwaltungsgebäudes im Wilhelminenspital (1. Stock).Informationen unter der Wiener Telefonnummer 49 150-4708

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung