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„Unser Clip ist so deppert, dass er schon wieder genial ist“, befand Johann Millonig, Oberst von der Heeres-Marketingabteilung, in einer ersten Reaktion auf das umstrittene Heeres-Werbevideo gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Nur wenig später bekam Verteidigungsminister Norbert Darabos davon Wind und empfand es alles andere als genial, sondern wie die meisten, die den Spot sahen, vor allem als plump, dilettantisch gemacht, überfrachtet von Geschlechterklischees und als Beleidigung für die Intelligenz jener Zielgruppe, die das Video ansprechen sollte: Die Jugendlichen. Kurz: Das Video ist eindeutig sexistisch. Und wenn die „genialen“ Schöpfer des Videos eine Ironisierung beabsichtigt hatten, ist diese wohl gründlich danebengegangen. Das gestanden die Verantwortlichen auch später ein und betonten reumütig, ihre Lehren daraus gezogen zu haben. Immerhin.

Warten auf Konsequenzen

Auch Verteidigungsminister Darabos kündigte Konsequenzen an. Es bleibt abzuwarten, welche. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wird da schon konkreter: Sie plant eine gesetzliche Regelung, um Sexismus in der Werbung zu verbieten. Das ist zu begrüßen: Sexismus ist Diskriminierung, eine Einengung auf aufgedrängte Klischees, immer mit Abwertung verbunden. Diskriminierung aufgrund von Geschlecht muss gesetzlich untersagt sein. Die Selbstregulierung der Werbebranche ist lobenswert und wichtig, doch nicht genug, um gegen Diskriminierung anzukämpfen.

Doch ab diesem Punkt wird es schwieriger: Was genau ist eine sexistische Werbung? Darf Unterwäsche noch mit einer lasziv blickenden Frau beworben werden? Müssten dann auch endlich Männer für Waschpulver werben und sich über saubere Wäsche freuen? Die Grenzziehung wird enorm schwierig, umso plausibler, dass Heinisch-Hosek einen Sexismus-Beirat einrichten möchte, der dann nach gewissen Kriterien über Werbedarstellungen urteilen soll. Auch wenn der Spot also alles andere als genial ist, begrüßenswert ist, dass wieder über das Thema gesprochen wird. Die Diskussion müsste aber noch tiefer rühren und zu folgender Frage führen, die die Soziologin Elisabeth Hellmich in einem Gespräch mit der FURCHE aufgeworfen hat: Warum müssen Frauen eigentlich schön sein? Ja, warum eigentlich? Diese einfach geniale Frage kam fast überraschend und dabei betrifft sie den Kern der Sache. Genau darum geht es bei den meisten sexistischen Darstellungen: um die Einengung der Frau auf ihre Rolle als erotisch besetztes Objekt.

Behandlung von Symptomen

Frauen müssen seit jeher schön sein, sich schön darstellen und sich damit beschäftigen, wie sie schön sein können. Das Sexismus-Problem fängt also viel früher an: Bereits für kleine Mädchen gibt es Zeitschriften, die die Welt dieser Kinder auf nur eines reduziert: Aussehen wir Barbie. Bei allem Engagement, geschlechtersensible Erziehung zuhause und in Bildungseinrichtungen umzusetzen, dieses gesellschaftliche Bild von Frauen zieht sich immer noch vom weiblichen Säugling bis zur alten Frau. Die Werbung verstärkt dies. Und hier knüpft der Sexismus an und kann sich entfalten. Bei den Buben und Männern sind Attribute wie Stärke genauso hartnäckig wie der Schönheitsanspruch bei den Frauen. Der Anspruch ist derartig verwurzelt, dass sich die meisten Frauen regelrecht wehren würden, wenn man ihnen diese Rollenzuschreibung wegnähme, schön sein zu müssen. Sie wollen es freilich längst aus sich heraus und haben gelernt, daraus Nutzen zu ziehen, sie haben das perfektioniert. Wer würde es ihnen verübeln. Das macht umso deutlicher, dass ein Verbot sexistischer Werbung nur eine sinnvolle Behandlung von Symptomen darstellt. Die Ursache liegt tiefer und kann erst behandelt werden, wenn wir eine Antwort auf die Frage wissen: Warum Frauen eigentlich schön sein müssen – selbst, wenn sie es so sehr wollen. Der Preis, den sie dafür bezahlen, der ist zu hoch.

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