Diese Regierung kämpft

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Danke, Alfred Gusenbauer geht es allem Anschein nach sehr gut. Er doziert an der Brown University in Providence, Rhode Island, hält launig-kluge Vorträge (u. a. bei einem Think Tank der FPÖ) und schreibt einmal pro Woche ein "Tagebuch aus Amerika" für die von ihm bekanntermaßen (nicht nur wegen ihrer jährlichen Weinkost) geschätzte Kleine Zeitung. Wer etwa diese witzigen, geistreichen, pointierten Texte liest und sich dann, einfach nur so, fragt, ob er etwas Ähnliches auch von Werner Faymann lesen möchte, wird schnell zum Schluss kommen, dass es sich Alfred Gusenbauer, aber nicht unbedingt die Republik Österreich verbessert hat.

Man könnte sich natürlich auch rückblickend ärgern, dass Gusenbauer sein intellektuelles Potenzial, seine Weltläufigkeit und umfassende Bildung nicht genützt hat, um das zu tun, wofür er bezahlt wurde: Politik zu machen. Aber das ist Schnee von gestern, weggeschmolzen in der Frühlingssonne einer neuen Großen Koalition, die eben ihre berüchtigten ersten hundert Tage absolviert hat.

Verschrottungsprämie

Zyniker könnten lakonisch vermerken, dass just zu diesem Anlass im Parlament die Verschrottungsprämie beschlossen wurde. Das wäre insofern ungerecht, weil auch Steuerreform, Bleiberecht und Gewaltschutzpaket auf der Sitzungsagenda gestanden sind - aber die Idee, jemandem dafür Geld in die Hand zu drücken, dass er seine alte "Schüssel" durch den Reißwolf drehen lässt und sich ein neues Gefährt anschafft, hat schon Aussagekraft. (Übrigens geht es auch uns Medienleuten nicht so besonders, und wir würden uns halt sehr freuen, wenn die Regierung die Bestellung, sagen wir, eines FURCHE-Abos entsprechend honorierte …)

Im Ernst: Das ist jene Form der Symbolpolitik, aus welcher sich boulevardtaugliche Schlagzeilen destillieren lassen, die den "Menschen draußen" suggerieren: Diese Regierung tut was für euch. Bezeichnenderweise formulierte auch Bundespräsident Heinz Fischer, vom ORF-Reporter nach einer fiktiven Schlagzeile zu "100 Tage Kabinett Faymann-Pröll" gefragt, etwas wie: "Regierung kämpft gegen Probleme". Das freut Fischer, Hans Dichand und Wolfgang Fellner (für den ist Faymann ja überhaupt der Austro-Obama, und Österreich demnach die Wiener New York Times …), also praktisch ganz Österreich.

Zukunft der Volksparteien

Wer wird da nachfragen, ob der maroden Autoindustrie wirklich nachhaltig geholfen werden kann, ob ganz generell alles, was jetzt unter "Rettung" läuft, auch wirklich sinnvoll ist, ob wir uns über den "Sieg" an der Gentechnik-Front wirklich freuen sollen oder ob der Kampf für "unser Bankgeheimnis" nicht kontraproduktiv ist? In Wahrheit spricht natürlich viel dafür, dass unser (nicht erst von dieser Regierung geführter) permanenter Kampf für alles "Unsrige" (Neutralität, Wasser, Marmelade, …) das Land jene Sympathien gekostet hat, die es beispielsweise beim Thema "Osthilfe" oder anderen virulenten Problemen dringend bräuchte. Aber solche komplizierten Zusammenhänge lassen sich im Land der Medieneinfalt eben schlecht verkaufen.

Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass gerade in diesen Tagen das "Österreichische Jahrbuch für Politik" präsentiert wurde und in diesem Rahmen eine Diskussion über die Zukunft der Volksparteien stattfand. Angesichts der Regierungsperformance beschleicht einen der Verdacht, das personelle wie ideelle Reservoir dieser Parteien sei ziemlich erschöpft.

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