Ein Programm im Zeichen des hohen C

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Politik im Zeichen des hohen C, des Christlichen. Diesen Anspruch stellt ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl. Im FURCHE-Interview erläutert er seinen Weg zu einem neuen ÖVP-Programm.

Er gilt als umgänglich, gebildet, geerdet und doch als Querdenker: der Kommunikationswissenschafter Lukas Mandl, der als ÖAAB-Generalsekretär eine Programmdebatte startet.

Die Furche: Worum geht es beim Expertenhearing des ÖAAB im Frühjahr?

Lukas Mandl: Der neue Parteiobmann, Josef Pröll, ist 2008 mit der wichtigen Ansage angetreten, die Volkspartei brauche ein neues Parteiprogramm. Dieses soll 2012 beschlossen werden. Es ist ein Mammutprojekt, so ein Grundsatzprogramm auf die Beine zustellen. Ein Programm für eine Volkspartei im 21. Jahrhundert muss in Form und Inhalt etwas anderes sein, als das, was wir bis jetzt von Parteiprogrammen kennen. Der Prozess, der dazu führt, muss breit und tief angelegt sein. Programmarbeit ist nicht Liebhaberei, ist nicht die Kür, sie ist die Pflicht politischer Arbeit.

Die Furche: Daher legen Sie diese wie an?

Mandl: Im Sommer und im Herbst vorigen Jahres hatte ich bereits Vertreter von Kreisen in und um die Volkspartei eingeladen, sich dazu zu äußern. Im Frühjahr 2011 werde ich zu einer Enquete des ÖAAB einladen, konkret zum Thema Grundsatzprogramm. Geladen werden nicht nur Personen aus, sondern auch rund um die Partei, auch international. Christdemokraten, Christlichsoziale, Christliche - und auch andere. Aber das hohe C ist die Klammer.

Die Furche: Wozu dient ein Programm heute noch - in einer Zeit der Pragmatik?

Mandl: Ein Programm ist die Verfassung einer Gesinnungsgemeinschaft, deren Personen beanspruchen, aus ethischer Verantwortung für eine Gesellschaft zu handeln. Und die ein Bild davon haben, wie und wohin sich diese Gesellschaft entwickeln soll. Jetzt haben wir beides nicht: Das Programm ist 15 Jahre alt, also nicht neu. Und wir haben in Österreich ganz allgemein kein Bild davon, wohin sich das Land entwickeln soll.

Die Furche: Welches Bild bietet sich an?

Mandl: Ein wichtiges Beispiel ist der Satz aus der Verfassung der USA, wonach es jedem Menschen zustehe, nach Glück zu streben. Natürlich kann und darf niemals die Politik das konkrete Glück versprechen. Das wäre ein totalitärer Anspruch, und wenn es die Politik tat, ist das zum Schaden vieler gescheitert. Aber die Politik muss dem Einzelnen die Freiheit und die Chancen geben, durch Bildung und Arbeit etwas zu erreichen. Das gilt für die, die da sind, und für die, die noch zu uns kommen. Die andere Seite davon ist jene der Solidarität, die konkrete, gelebte. Die Frage lautet: Wie schaffen wir es, dass Einzelne und auch kleine Gemeinschaften, auch die informellen, diese Solidarität für den Nächsten leben können? Es gibt Formen von Solidarität, die wir brauchen, aber die wir nicht durch Steuern, Abgaben und Transfers finanzieren, die der oder die Einzelne nicht delegieren kann.

Die Furche: Das ergibt ein Programm, welches das Welt- und das Menschenbild, die Eigenverantwortung des Menschen und Gestaltbarkeit der Welt widerspiegelt?

Mandl: Wir wollen tief gehen. Es wäre keine programmatische Arbeit, würde man nicht philosophisch werden. Wir müssen uns die Latte hoch legen. Religiös inspiriertes Wirken - ich möchte den Begriff Religion positiv besetzen - bedeutet Gestalten mit einem ethischen Anspruch. Wer einen transzendenten Bezug hat, wer eine überzeitliche und überräumliche Dimension kennt, sieht, dass seine Verantwortung über die eigene Lebenszeit hinausgeht. Und so jemand legt dann die Politik anders an. Ein religiöser Mensch, richtig verstanden, handelt auch dann anständig, wenn niemand zusieht. Das ist ein starker Imperativ, den ein Politiker im Zeichen des Hohen C erfüllen muss. In einer umfassenden Programmatik verbindet sich dieser christdemokratische Zugang in der persönlichen Verantwortung mit bürgerlich-liberalen Grundsätzen sowie einem pragmatischen Wissen um das Wie.

Die Furche: Viel an politischem Streit erscheint als Streit um Begriffe und Fakten.

Mandl: Wir müssen Fakten, etwa die Notwendigkeit von Einwanderung, außer Streit stellen. Zudem: Wenn die ÖVP in den Städten verliert, dann müssen wir mehr um urbane Räume kämpfen. Und wenn sich die Gesellschaft immer mehr aufsplittert, ist es umso mehr erforderlich, das Gemeinwohl anzustreben. Wenn wir uns dafür einsetzen, verdienen wir den Namen Volkspartei.

* Interview: Claus Reitan

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