Ein schwacher Dollar nützt niemandem

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Nationalbank-Direktor Peter Zöllner über die Bedeutung des US-Dollars und seine Einschätzung der Gefahren, die durch die amerikanische Finanzpolitik und durch China auf diesen zukommen könnten - oder eben nicht.

Die Furche: Der US-Dollar ist weltweit die Leitwährung Nummer eins. Die Hälfte aller weltweiten Handelstransaktionen werden in Dollar abgewickelt, Öl sogar ausschließlich. Dazu kommt, dass ein großer Teil der Währungsreserven in Dollar veranlagt ist. Wieso hat der Dollar diese Bedeutung?

Peter Zöllner: Es gibt bestimmte Kriterien, die eine Land erfüllen muss, damit seine Währung Leitwährung werden kann. Und die treffen bei den USA eben stark zu: Eines der wichtigsten ist die politische Macht, die mit militärischer Macht einhergeht. Dann muss hinter einer Leitwährung massive ökonomische Macht stecken, und schließlich muss der Finanzmarkt stark entwickelt sein. Dazu gehört eine solide Finanzpolitik, um auf Dauer diese Rolle spielen zu können.

Die Furche: Aber gerade die haben die USA ja nicht. Budget-und Leistungsbilanzdefizit sind enorm, und für die Rüstungsausgaben läuft die Dollarpresse auf Hochtouren. So kann doch keine solide Finanzpolitik aussehen.

Zöllner: Wenn man die USA insgesamt betrachtet, ist die Verschuldung des Staates immer noch vergleichsweise gering. Die Verschuldensquote liegt in den usa nach wie vor unter 60 Prozent, also unter der Quote, die in Europa durch die Maastricht-Kriterien toleriert wird. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es unter der Regierungszeit Bill Clintons enorme Budgetüberschüsse gegeben hat. Der Paradigmenwechsel in der Fiskalpolitik kam erst mit Bush und dem Irakkrieg, der natürlich enorm viel Geld kostet. Diese weniger solide Fiskalpolitik der letzten Jahre wird aber nicht ewig weitergehen. Es wird zur rechten Zeit wieder Korrekturen geben. Und letztlich kann man das wirtschaftliche Potenzial eines Landes nicht anhand einer nur fünfjährigen Periode in der Budgetrechnung beurteilen, sondern man muss fragen: Hat ein Land ein solides Finanzsystem. Und die Banken in den Vereinigten Staaten stehen solide da. Die Finanzmärkte sind bestens entwickelt. Die Aktienmärkte sind die bedeutendsten der Welt.

Furche: Zusätzlich zum beträchtlichen Budgetdefizit verzeichnen die USA aber auch ein großes Handelsbilanzdefizit. Mit welchen Folgen?

Zöllner: Das Handelsbilanzdefizit stützt letztlich das Wachstum auf der ganzen Welt. Würden die Amerikaner nicht so viel importieren, wäre etwa auch in der Europäischen Union das Wirtschaftswachstum deutlich schlechter, weil das Wachstum in Europa vor allem exportbedingt ist. Allerdings erreicht das us-Handelsbilanzdefizit mittlerweile Höhen, die auf Dauer nicht haltbar sind. Und dieses Ungleichgewicht birgt auch - mehr als das Fiskalungleichgewicht - mittelfristig die Gefahr, dass es einmal zu ruckartigen Verschiebungen der Wechselkurse kommt, die niemandem gut tun. Wenn die internationalen Anleger das Vertrauen in den Dollar verlieren und alle in die gleiche Richtung marschieren würden, wäre das schlecht für uns alle. Eine vordergründige Freude, dass irgendeine Währung plötzlich sehr stark würde, wäre völlig fehl am Platz.

Die Furche: Wenig Freude dürften die USA auch mit der Drohung des Iran haben, Öl künftig in Euro zu handeln.

Zöllner: Das taucht immer wieder auf, entweder aus ökonomischen oder politischen Überlegungen. Vorerst ist das einmal nur ein Plan, der zwar unter Umständen heute realistischer ist als vor fünf Jahren, aber die Auswirkungen darf man nicht überschätzen. Schließlich würde dadurch ja nur ein kleiner Teil des Öls in Euro abgerechnet. Ein weltweiter Umstieg der Öl exportierenden Länder auf Euro ist jedoch unrealistisch.

Die Furche: Es ist ja nicht nur der Rohstoffhandel, für den der Dollar große Bedeutung hat, sondern auch die Währungsreserven. China etwa hält 900 Milliarden US-Dollar. Wieviel Macht hat China dadurch gegenüber den USA?

Zöllner: Oberflächlich betrachtet sehr viel Macht, bei näherer Betrachtung hingegen wenig. China hat enorme Währungsreserven angehäuft, weil es einen großen Außenhandelsüberschuss hat und auch einen großen Kapitalzufluss, weil sich viele Firmen in China engagieren wollen. Natürlich könnten die Chinesen die Hälfte ihrer Dollars verkaufen. Das wäre aber ein Schuss ins eigene Knie. China würde damit den Wert der verbleibenden Währungsreserven drastisch verringern und sich damit selbst schaden.

Die Furche: Wäre es denn nicht denkbar, dass China die gesamten Reserven in Euro anlegt?

Zöllner: Nein, dieses Szenario ist unrealistisch, denn es liegt nicht im Interesse Chinas. Die chinesische Währungspolitik ist, wie die vieler asiatischer Länder, am us-Dollar orientiert. Abgesehen davon gefährden massive Verwerfungen auf den internationalen Devisen-, Bond-und Aktienmärkten, die zweifellos zu befürchten wären, das wirtschaftliche Konzept Chinas. Dort will man hohes Wirtschaftswachstum und braucht Millionen von zusätzlichen Arbeitsplätzen. Das geht nur, wenn die Weltwirtschaft floriert. Gerade weil das weltweite Wechselkurs-und Zinsgefüge für eine positive globale Wirtschaftsentwicklung so wichtig sind, werden Themen dieser Tragweite regelmäßig bei internationalen Spitzengesprächen beraten.

Die Furche: Welche Chancen hat dann der Euro als Leitwährung? Derzeit lauten immerhin 24,3 Prozent der weltweiten Währungsreserven auf Euro, Tendenz steigend. Beim Dollar sind es 66,4 Prozent, Tendenz fallend.

Zöllner: Der Euro hat das Potenzial, die Lücke zum Dollar zu verringern. In zehn Jahren wird der Euro in seiner Rolle als Transaktions-und Reservewährung aufgeholt haben. Den Dollar überholen wird er aber voraussichtlich nicht. Und man darf auch nicht vergessen, dass sich außerhalb dieser Bipolarität Dollar-Euro einiges tut. Etwa in Asien. Asien wächst mit den doppelten bis dreifachen Wachstumsraten im Vergleich zu Europa. Die Bedeutung der dortigen Kapitalmärkte und der asiatischen Währungen wird daher ebenfalls in den kommenden Jahren zunehmen. Es wird also hinter dem Dollar und dem Euro auch noch einen starken asiatischen Währungsblock geben.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag.

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